hitt|rach, der; auch: Hidrach, Hüttrach, Hüttenrauch:

(1) Aus Rußrückständen im Kamin gewonnenes Arsenik. Beliebte Bergarbeiter- und Roßtäuscherdroge, auch gerne zum Ahnlvertilgen eingesetzt.

(2) ein in Gründung befindliches Hackerlabor im steirischen Eisenerz.

Hi-Tech Tryout and Creation Homebase Eisenerz

In den letzten Jahren haben sich in verschiedenen Großstädten der Welt sogenannte Hackerspaces gegründet. Die Idee ist simpel: ein Raum für Menschen mit Ideen und Lust zum Basteln. Doch was in den großen Städten fehlt, ist genügend Platz, um auch große Projekte zu realisieren. Anders in Eisenerz. Hier ist Raum eine wachsende Ressource. Das Projekt Hittrach soll diese Dinge zusammenbringen. Ein Raum, um im ureigensten Sinn des Wortes große Ideen zu realisieren. Hittrach soll ein Raum für alle sein, die sich in einer Werkstatt austoben wollen, diesen Raum selbst organisieren und sich diesen Raum auch leisten können. Hittrach für immerdar.


// HACKING THE SPACES

von Johannes Grenzfurthner und Frank Apunkt Schneider (monochrom)

Was Hackspaces einmal waren, was sie heute sind und was sie unter Umständen (wieder) sein könnten
(Eine kritische Würdigung)

// Hackerspaces 1
// Geschichte

Die Geschichte der so genannten »Hackspaces« reicht zurück bis in jene Tage, als Gegenkultur noch das Versprechen enthielt, die Welt fundamental zu verändern. Das Jahrzehnt, das auf die Revolte von '68 folgte, die neue (soziale, politische, ökonomische, ökologische etc.) Beziehungsformen etablieren wollte, war geprägt von der Suche nach Räumen, die neue Lebens- und Arbeitsweisen ermöglichten. Als Nischen und Schutzräume sollten sie die Monotonie der hegemonialen bürgerlichen Raumordnung durchbrechen, die sich vom Kindergarten bis zum Friedhof als Immergleiches wiederholte und dabei patriarchale und kapitalistische Herrschaft immer weiter reproduzierte. Die offenen Raumformen, mit denen die Gegenkultur experimentierte, verstanden sich als Widerspruch gegen die kapitalistische Gesellschaft (wie ebenso gegen die autoritär-kommunistische). Deren Strukturen, Funktionen und die in sie eingelegten Prinzipien wurden als Ursache von Entfremdung empfunden: als Mittel, menschliche Bedürfnisse und Beziehungen zu kontrollieren und fremden Interessen zu unterwerfen. Auf diese Weise setzte sich die gescheiterte Revolte der 1960er im Schatten eines bürgerlichen Lebensentwurfs fort, der alle Räume in gleicher Weise durchdrang. Und sie erzielte dabei bisweilen recht beeindruckende Ergebnisse. Vor allem gelang es ihr, den alten Traum von Veränderung noch einmal ausverschwommenen LSD-Fantasien und leeren pathetischen Reden, in die er sich zu verflüchtigten drohte, zurück in die unmittelbare Erfahrungswirklichkeit und den Alltag zu holen. Dadurch bekamen die abdriftenden alten Hoffnungen noch einmal festen Boden unter die Füße und wurden gewissermaßen ent-obamaisiert. Dass sich der Umsturz darüber in Mikropolitik verwandelte, war durchaus schlüssig. Die makropolitischen Träumereien der Hippies (»I had too much to dream last night«, heißt es in einem klassischen Psychedelicsongs der Electric Prunes) waren längst in dem Maße abgewrackt, wie ihre Protagonist_innen eingesehen hatten, dass soziale und politische Veränderung mehr braucht, als jene leiernde Mantraform, mit der Poster, Popsongs oder halluzinogene Drogen sie beschworen. Und dass sich die Realität da draußen von einer Handvoll schmuddliger bürgerlicher Aussteiger_innen, die über das heraufdräuende Wassermannzeitalter delirierten, nicht beeindrucken lässt. Der kapitalistische Sachzwang der Wirklichkeit war gut verzurrt; zu gut, um sich einfach so abschaffen oder wegdiskutieren zu lassen. Und doch waren, als 1972 alles vorbei und Nostalgie geworden war, einige der Beteiligten (noch) nicht bereit, einfach auf und sich selbst dem System zu übergeben, sich also zu integrieren. Mirkopolitik (statt messianischer Umsturzerwartung) wurde zum Auffangbecken für verkaterte Restrenitenz. Anstatt die alte Welt einfach in eine neue zu transformieren, ging es nun darum, kleine neue Modellwelten innerhalb der alten zu errichten: In offenen Räumen sollten Menschen zwanglos zusammenkommen, andere Arbeitsweisen und neue Lebensformen ausprobieren, z.B. neue Formen der Liebe oder was sie eben sonst so tun. Wir müssen uns an dieser Stelle die historische Entwicklung politischer Bewegungen und ihre besondere Beziehungen zu Raum und Geographie vergegenwärtigen: Die Student_innenrevolte von 1969 war vom Wunsch getrieben, Räume zurückzuerobern (etwa durch Strategien des Détournements) und im Labyrinth der Städte eine neue Psychogeographie zu erfinden. Dieser Impuls wurde von der autonomistischen Bewegung der späten 1970er aufgegriffen, die in Italien entstanden war und von dort aus auf den deutschsprachigen Raum und die Niederlande ausstrahlte. Ihre Strategie bestand darin, sich Räume anzueignen, seien es autonome Jugendzentren oder der Äther (in Form von Piratensendern). In solchen Zusammenhängen entstanden auch die ersten Hackspaces, die gut in eine gegenkulturelle Topographie aus besetzten Häusern, alternativen Kneipen, Bauerhofkooperativen, Ladenkollektiven, Kommunen, anti-autoritären Kinderläden usw. passten. In der Gegenkultur verwoben sich diese Orte zu einem engmaschigen Netzwerk, das ein anderes Leben im Herzen der bürgerlichen Finsternis versprach.

// Hackerspaces 2
// Gegenwart

Der Idee nach sind Hackspaces Räume, in denen Menschen sich aufhalten und in entspannter Atmosphäre zusammenarbeiten können. die gewissermaßen also ein schönes, nicht-repressives Ambiente bereitstellen (in dem Maße jedenfalls, wie ein in die kapitalistische Ökonomie eingebetteter Raum entspannt, schön und nicht-repressiv sein kann). Die Soziologie nennt solche Räume »third spaces«, weil sie das dualistische Schema der bürgerlichen Raumordnung durchbrechen, die in Wohn- und Arbeitsräume (und solche zur Freizeitgestaltung) zerfällt. Gegen diese Aufspaltung der Lebenswelt in komplementäre Funktionszonen brachte die Gegenkultur integrative Strukturen in Anschlag, die sich dem zergliederten Leben verweigerten. In third spaces entstanden kollektive und nicht-repressive Formen von Arbeit (die dem Leben nicht strukturell entgegengesetzt sein sollte) z.B. an technischen Problemen, was wiederum zu innovativen Lösungen führte. Weil dabei kooperative Modelle an die Stelle jener Konkurrenzform traten, in der menschliches Potential sinnlos verbrannt wurde, gaben sie dem alten eskapistischen Wunsch nach dem »richtigen Leben im Falschen« Nahrung, in dem bereits Adorno einen Verblendungszusammenhang erkannt hatte. Zumal das Falsche, der Kapitalismus, integrationsfähig war. Er erkannte das innovative Potential alternativer Räume und Lebensformen und verleibte sich deren Selektionsvorteile kurzerhand ein. Bestimmte Merkmale autonomistischer Strukturen ließen sich durchaus in Wert setzen, nachdem sie in den kapitalistischen Entwicklungsabteilungen neu zusammengesetzt worden waren. Unter besonderer Berücksichtigung jener Erfahrungen, die die bürgerliche Jugend vorübergehend in gegenkulturellen Projekten erworben hatte, aktualisierte sich die bürgerliche Gesellschaft gegen Ende der 1970er. Und erfand sie sich dabei gewissermaßen neu. Alternatives Wissen und gegenkulturelle Praxis ließen sich nahezu widerstandslos abschöpfen. Das Abweichende wurde normalisiert. Eigentlich ja jammerschade! Die Revolte der 1960er und ihre mikrorevolutionären Fortsätze waren eine Phase der Erneuerung, natürlich nur in dem Maße, wie sie bürgerliche Herrschaftsformen perfektionieren und auf den neuesten Stand brachten. Um optimal zu funktionieren, war der Kapitalismus (als Struktur) stets daran interessiert, das Erstarrte zu überwinden, weil es seine Entwicklung und Perfektionierung behindert. Auf diese Weise entstand u. a. der Ökokapitalismus, der heute als zukunftsweisend gilt. Sein Erfolgsmodell und seine Überzeugungskraft resultieren daraus, dass er kapitalistischen Profit und Gewissen endlich in Einklang bringt. Hackspaces haben heute eine andere Rolle als früher. Zu ihrer Entstehungszeit lagen die (antagonistischen) Unterschiede zwischen »Uns« (diejenigen, die sich über ihre fundamentale Opposition zum Bestehenden definierten) und »Denen« (die Repräsentant_innen kapitalistischer Herrschaft) klar auf der Hand. Das klassische bürgerliche Erwerbsleben war ein Ensemble aus Zwängen, das junge Menschen zum Aussteigen motivierte. Und wer sie sich dem politischen und ideologischen Projekt der bürgerlichen Gesellschaft verweigerte, konnte sich auf deren Widersprüche berufen, die ja offen zu Tage lagen. Ihre starren disziplinarischen Formen gewährleisteten die strukturelle Andersartigkeit der Hackspaces gleichsam automatisch. Die Stabilität und Gleichförmigkeit der bürgerlichen Gesellschaft war natürlich eine Folge jener Dualismen, die der Kalte Krieg mit sich brachte. In dessen Ost-West-Ordnung waren Hackspaces und alternative Lebensformen schon deswegen third spaces, weil sie sich weder dem kommunistischen Staatskapitalismus noch dem des Freien Marktes verpflichteten. Sich vom einen wie vom anderen sowohl strukturell als auch ideologisch zu unterscheiden, war in der Konstellation jener Zeit ein politisches Statement. In einer Gesellschaft, die sich ohne Schwierigkeiten nach Kategorien von »Mainstream« und »Underground« verstehen lässt, stellt alles, was sich im Rahmen offener Strukturen vollzieht, schon einen Schritt in die richtige Richtung dar (eben weil es vom Falschen wegführt). Sich in alternativen Strukturen zu bewegen und zu ihrer Entfaltung beizutragen, kam einer Rückversicherung gleich: Wer das tat, stand mit dem eigenen Leben und Arbeiten automatisch auf der richtigen Seite. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurde allerdings eine neue Ordnung etabliert, die alles veränderte, darunter auch die gesellschaftliche Rolle der Hackspaces. Denn obwohl diese Ordnung zusehends totalitärer und repressiver wurde, hatte das System (schlau, wie es war) längst gelernt, Andersartigkeit zu tolerieren (um sie im Bedarfsfall gleich assimilieren und integrieren zu können). Es hatte endlich verstanden, dass Innovation am besten an den Rändern der Normalität gedeiht. Und so wurde die Gegenkultur ausgeschlachtet.
Die programmatische Unduldsamkeit der herrschenden Klasse gegenüber alternativen Projekten (die jederzeit in handfeste Unterdrückung umschlagen konnte) stellte deren Notwendigkeit lange Zeit anschaulich unter Beweis und stärkte dadurch den subkulturellen Zusammenhang (zumindest da, wo er nicht ganz zerschlagen wurde). Plötzlich aber änderte sich das Bild: Statt weiterhin als Staatsfeind zu fungieren, wurden alternative Lebensformen (bzw. bestimmte Ausschnitte davon) zum Jungbrunnen für all das was alt, öde, konservativ und kraftlos geworden war. Das zu immer neuen Erneuerungen verdammte System nahm sich, was es brauchte. Insbesondere die neuen technischen (oder ästhetischen) Problemlösungen, die im Untergrund bis zur Produktreife entwickelt worden waren, interessierten die Talenscouts der herrschenden Ordnung, die sich je nach Bedarf dieses oder jenes herauspickten, wie es beispielsweise in der Popmusik mit dem Alternative Rock der 1990er üblich wurde. Alternative Mainstreaming wurde zum neuen Ding. Bekanntlich vollzog sich in den 1990ern der Siegeszug der liberalen Demokratie, den Slavoj Žižek beschrieben hat: »Mit dem Sturz der Berliner Mauer am 9. November 1989 begannen die glücklichen Neunziger. Wie Francis Fukuyama meint, haben die liberalen Demokratien eigentlich gewonnen. Allgemein wird davon ausgegangen, dass diese Epoche durch den Elften September beendet wurde. Und doch scheint es, als müsse die Utopie zweimal sterben: der Zusammenbruch der politischen Utopie der liberalen Demokratie am Elften September hatte keinerlei Auswirkung auf die Utopie des globalen Marktkapitalismus, die erst jetzt an ihr Ende kommt.« Insofern hat es durchaus eine ironische Note, wenn die Geeks und Nerds der Gegenwart, die mit dem Tod des Liberalismus in seiner politischen (Bürgerrechte zum Zwecke der Aufrechterhaltung des sozialen Friedens) und seiner ökonomischen Form (Krise) konfrontiert sind, sich zu Verteidiger_innen der liberal-demokratischen Ideologie aufschwingen, obwohl die in der Praxis ja längst abgewirtschaftet hat.
Dass die politischen Demarkationslinien des Kalten Krieges weggefallen sind, hat auch die Hackspaces verändert, auch wenn sie das selbst noch gar nicht mitbekommen haben. Ihre frühere politische Agenda wurde dabei mit individuellen Problemen überschrieben, die die Techno-Nerds, die sie heute in Beschlag nehmen, in beschaulicher und unbedrohlicher Atmosphäre lösen wollen, in aggressionsfreien Räumen, die die Aggressivität des Marktes suspendieren. Dort können technische und kreative Herausforderungen zwanglos mit Gleichgesinnten diskutiert werden. Auf dem langen Marsch durch die idyllischen Workshopparadiese der Geeks ist der alte politische Anspruch zusehends verblasst. Mikropolitik hat dabei in genau in dem Maße versagt, in dem ältere makropolitische Konzepte von der objektiven Unveränderlichkeit des Kapitalismus aufgerieben wurden. Umsturzerwartungen (bezogen auf was auch immer) wurden zu stubenreinem Reformismus herabgestimmt; und die einzigen Revolutionen, die Anfang der 1990er noch vor uns lagen, waren technologische Teilrevolutionen: das Internet und seine Social-Web-Ableger. Ohne die alte politische Agenda verwandelten sich Hackspaces wieder in Nischen oder Klitschen, die keinen wirklichen Unterschied zu der Welt, die sie umgibt, herstellen können; vergleichbar in etwa dem Niedergang ehemals besetzter und später legalisierter Häuser, die heute bürgerliche Hausprojekte sind, in denen die neue urbane Boehme ihr Pendler_innendasein zwischen Kunst, Untergrund, IT-Branche und Werbeagentur genießt.
Natürlich trifft dies nicht auf alle Hackspaces in gleichem Maße zu. Reste der alten Utopie sind dort durchaus noch vorhanden, oft aber in unverbundener oder undurchdachter Form. Dass viele von ihnen eine ähnliche Entwicklung genommen haben (bzw. wo nicht, sich dezidiert dagegen wehren müssen), sollte trotzdem nicht unterschlagen werden.
Während also lange Zeit die makropolitische Folie funktionierte und jene strukturelle Differenz bereitstellte, aus der die Aktivitäten, die in Hackspaces stattfanden, ihre Legitmation bezogen (selbst so unverdächtige Dinge wie Löten, Töpferkurse und Jonglierworkshops), hinterlässt ihr Wegfall eine Lücke. In Ermangelung grundlegender Positionierung lassen sich Hackspaces heute nicht mehr ohne weiteres als politisches Projekt begreifen. Sie bleiben aufgehängt in jenen Verhältnissen, für die sie nicht mehr sind als Nutzflächen, auf denen Humankapital angebaut wird. (Denn wie heißt es doch so schön: »Soylent Google is made of people!«)

// Hackerspaces 3
// Zukunft

Was aber können wir dagegen tun? Es gibt vieles, wogegen wir sein können. Überwachung und so … Ja, wir können auch heute noch guten Gewissens und aus Prinzip »gegen alles« sein, wie in der guten alten Zeit geschlossener gegenkultureller Weltbilder. »As long as you can think about it, you can be against it«, lautet bekanntlich »Regel 76«. Und doch wäre das zu einfach. Nie zuvor in der Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft war alles derart niederschmetternd wie heute. Aber die alte Fundamentalopposition (die in der Gegenkultur ihren strukturellen Ausdruck fand) scheitert an den Verhältnissen der Gegenwart, und zwar schon deshalb, weil sich deren ehemals manifeste Strukturen heute verflüssigt haben. Was bei all der Praxis, die sich aktuell in Hackspaces vollzieht, fehlt, ist eine konzise Theorie jener Gesellschaft und ihrer Ökonomie, in der und gegen die wir offene Räume errichten und bespielen. Sie müsste uns sagen, wie die Welt eingerichtet ist und in welcher Weise sie verändert werden soll. Nur eine solche Theorie kann unseren an sich ja keineswegs unsympathischen alternativen Anspruch begründen. Und sie muss eine politische sein. Erst also politische Theorie kann sie dem, was wir tun, wenn wir z.B. Gadgets basteln, Netzwerke aufbauen und unsere technischen Fähigkeiten als Programmierer_innen unter Beweis stellen, wieder revolutionären Glanz verleihen.
Um zu einer solchen Theorie – verstanden als jener Werkzeugkasten, mit dem wir die Welt verstehen und dekonstruieren können – zu gelangen, müssten wir aber wohl zunächst ein explizites Verständnis unserer eigenen Geschichte und jener Ansprüche und Forderungen entwickeln, die vor langer Zeit einmal in sie eingegangen sind, und die dort – verborgen unter der aktuellen Perspektivlosigkeit – wohl noch immer schlummern.
Ein erster Schritt könnte also darin bestehen, Workshops zu organisieren, in denen wir uns unter anderem jene philosophischen und historischen Positionen wieder erarbeiten, die wir dringend in unserem Alltag brauchen.
Ebenso wichtig wäre es, zu reflektieren, dass und warum die Hackspaces von heute von einer bestimmten Gruppe kontrolliert werden, denen wir freilich keine böse Absichten unterstellen wollen. Dennoch haben dort meist männliche weiße Techniknerds das Sagen und implementieren dabei die ihnen gemäße Praxis.
Dass es in den USA Hackspaces gibt, die kein einziges nicht-weißes Mitglied haben, ist ein Skandal. Die alteuropäische Selbstgefälligkeit, die sich darüber echauffiert, müsste sich aber vielleicht zunächst in der eigenen ach wie multikulturellen Szene umsehen: Hacker_innen mit so genanntem »Migrationshintergrund« – etwa aus der Türkei oder aus Nordafrika – sind dort keineswegs in einer Anzahl vertreten, die ihrem realen Bevölkerungsanteil entspricht. Auch der Frauenanteil eines durchschnittlichen europäischen Hackspaces liegt in der Regel weit unterhalb der Fünfzig-Prozent-Marke.
Die gegenwärtige Form der Hackspaces schließt de facto eine Vielzahl ethnischer und sozialer Gruppen aus, die entweder nicht hineinpassen oder sich dort zumindest so fühlen, möglicherweise weil die Dominanz weißer männlicher Nerds mitsamt ihrer sexistischen oder exkludierenden Witzchen für sie etwas Bedrohliches hat.
Vielleicht fehlen ihnen auch nur das Wissen und die Fähigkeiten, die die Voraussetzung bilden, um mit einem Haufen typischer Nerds klarzukommen bzw. auf Augenhöhe zu kommunizieren. Vielleicht gehen sie auch einfach davon aus, dass es so ist und probieren es daher gar nicht erst.
Insofern muss es im Moment wohl vor allem darum gehen, unsere Hackspaces wieder zu öffnen, auch für jene Gruppen, die die bürgerliche Gesellschaft auf unterschiedliche Weisen marginalisiert. Dazu bedarf es nicht-repressiver Strukturen, die dort anknüpfen, wo die alte Gegenkultur schon einmal stand.
Wenn wir die marxistische Annahme akzeptieren, dass Politik immer denen dient, die sie betreiben, so lässt sich sagen, dass die Politik der Hackspaces aktuell die Interessen weißer Mittelklassemänner perpetuiert. Wir glauben, dass sich das dringend ändern muss.
Soviel dazu!
Dies wäre jedenfalls ein Punkt, an dem die Veränderung beginnen könnte, von der wir insgeheim vielleicht noch immer träumen. Was dann passiert, werden wir erst sehen, wenn wir die öden Hackspaces, die wir heute haben, wieder in glamouröse Produktionsstätten einer Freiheit verwandeln, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können; eine Freiheit, die auch diejenigen einschließt, die nicht im klassischen Nerdklischee aufgehen.
Change the nerds. Make them a better space.
For you and for me and the entire human race.

(Danke an Jens Ohlig für Kommentare und Anregungen)

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