O-Ton-Feature
von Johannes Ullmaier, Mainz
Mit
Gesprächsbeiträgen von:
Andreas Leo Findeisen, Medientheoretiker, Wien //
Johannes Grenzfurthner, Künstler, Wien //
Brigitte Kleine, Journalistin, Mainz //
Fritz Ostermayer, Radiomoderator, Musiker und Autor, Wien //
Lisa Pfahl, Soziologin, Berlin //
Bernd Pistler, Toningenieur, Nürnberg //
Tine Plesch, Autorin und Radiomacherin, Nürnberg //
Jürgen Ploog, Autor, Frankfurt //
Klaus Sander, Labelbetreiber, Köln //
Robert Stachel, Medienstratege, Wien //
Ronald Steckel, Autor, Theater- und Audio Artist, Berlin //
Boris Traue, Soziologe, Berlin
Mit
Audiozitaten von:
Robert
Ashley
Automatic Writing
&
Jello
Biafra, William Burroughs, Pink Fairies, Theo Parrish, Vilém Flusser,
Slime, Richard Buckminster Fuller, Helmut Qualtinger, John Cage, Hubert
Fichte, The Misfits, Pierre Henry, The Neon Judgement, Wandlungsband,
Esplendor Geometrico, Free Agents, Chris & Cosey, John Oswald, Ice
Cube, XTC, Laika (Weltraumhündin), Richard Strauss u.v.a.
Technische
Realisation:
Bernd Distler
Außer
allen BeiträgerInnen gilt mein herzlicher Dank Bernd Distler für
viel Audiogeduld sowie Miriam Spies, Christiane Wöller und Ulrike
Bergmann für ihre Mithilfe. |
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How random is random?
(William Burroughs)
"become
the media" wurde ursprünglich als Beitrag zu
einer medientheoretischen Vortragsreihe im Rahmen des Studium Generale
der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität konzipiert und als
Live-Mix präsentiert.
Den Titel einer Spoken-Word-LP von Jello Biafra aufnehmend, zielt
das Projekt darauf, das Konventionsgerüst des akademischen
Vortrags in Richtung auf die Diskurspraxis des Medienalltags selbst
zu überschreiten: vom vorfixierten Skript zum im Reden verfertigten
(Audio)Take, von hypotaktischer Systemik zum parataktischen Panorama,
vom tendenziell Linearen, Denotativen, Abgerundeten, Monologischen,
Objektivierenden und Deskriptivischen zum tendenziell Multilinearen,
Konnotativen, Ausgefransten, Dialogischen, Subjektivierenden und
Interventionistischen.
Als Materialgrundlage dienen Mitschnitte informeller, im November/Dezember
2002 geführter Gespräche, die sowohl in Hinblick auf die
Partner als auch auf Verlauf und Inhalt mehr der glücklichen
Gelegenheit (anders motivierte Aufenthalte in Berlin, Wien, Frankfurt,
Köln und Nürnberg) denn bewußter Planung entsprungen
sind, sich aber oft gerade in ihren Kollateraleffekten als umso
unzufälliger erwiesen.
Im Mix entsteht ein virtueller Dialog von Menschen, die sich, in
verschiedensten Funktionen mit dem Mediensystem befaßt, mehrheitlich
nie begegnet sind. Die situative und performative Gültigkeit
ihrer Wortspenden ist die Basis für den synthetischen Versuch,
mittels - Zufallsradien zulassender - Auswahl, Fragmentierung und
Rekonstellierung etwas vom objektiven Nebeneinander gegenseitiger
Ergänzung, Bestärkung, Brechung, Widerlegung oder Ignorierung
aktueller Medienreflexion hörbar zu machen. Demgemäß
kann und will die Summe weniger die universelle Adäquanz bestimmter
Theoriegebäude oder Thesen repräsentieren als das reale,
hier nach Kräften enthierarchisierte Kommunikationsspektrum
vom kristallinen analytischen Befund über spontane Entwürfe,
Assoziationen und Gedankensprünge bis hin zum Faxen, Lispeln,
Kauen, Festhängen und Sichverhaspeln - eine 'Oral History of
Now', zusammengesetzt aus kursorischen Informationen über Arbeitsbedingungen,
Probleme und Projekte, zur Ergänzung und teils Erdung gegenwärtiger
Theoriedebatten.
Als akustischer Flußlauf, der die Stimmen trägt, firmiert
Robert Ashleys Involuntary-Speech-Komposition Automatic Writing
(1979), die den diskursiven Faden wie ein aleatorischer Kommentar
aus elementaren Artikulationsimpulsen (Beifall, Schmerz, Verlachen,
Zärtlichkeit, etc.) umspült und so dem Beiläufigen,
Halbgemeinten gegen das offizielle Statement Deckung gibt. Umgekehrt
wirkt der evidente Kunstcharakter gleichzeitig als Paravent gegen
das Hörklischee der O-Ton-Authentizität.
"become
the media" ist in der vorliegenden Form zu drei strukturverwandten,
thematisch gegliederten Blöcken organisiert:
Ihre
Reihenfolge steht ebenso frei wie jede Möglichkeit der Kürzung,
des Remix (einzeln oder untereinander) oder der Ergänzung aus
dem - hier nur in Bruchteilen und bewußt frei vom Best-Of-Diktat
verwendeten - Ausgangsmaterial.
We
don't hate the media - we've become the media.
Become
the media too.
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