"Die wichtigsten Gründe" MP3 (192) mit Intro (7:13)

"Die wichtigsten Gründe" MP3 (192) ohne Intro (5:30)

 

Das Erfolgsduo Fürlinger & Grenzfurthner
präsentiert Herrn List

Wissenschaft ist eines der tragenden bzw. repräsentativen Ideologiemedien der bürgerlichen Gesellschaft. Trotz der feministischen Interventionen der letzten Jahre, ja des letzten Jahrhunderts, besteht eine ihrer wesentlichen Funktionen noch immer darin, die bestehenden Machtverhältnisse abzusichern, theoretisch zu begründen und praktisch durchsetzen. Ja, sie gleichsam durch „Objektivität“ und „Wahrheit“ zu verschleiern. Ein Beispiel hierfür gibt die Nibelungenliedforschung. Dort wird nach wie vor die ungeklärte Frage nach der Verfasserschaft des Textes diskutiert. MAN kann sich nicht einig darüber werden, ob es denn nun von einem Ritter, einem Spielmann oder einem Kleriker geschrieben wurde. Zugleich besitzt der Text die Besonderheit, vom Schicksal starker, machtstrebender Frauen zu handeln. Sowohl eine hinsichtlich der Frauenfiguren „frauenfreundliche“ als auch eine „frauenfeindliche“ handschriftliche Fassung liegen vor. Letztere wurde bislang als die „ursprüngliche“ ausgewiesen, erstere nicht zuletzt wegen der frauenaufwertenden Tendenz als spätere Umarbeitung eingestuft.

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Berta Lösel-Wieland-Engelmann wurde am 25. 1. 1924 in Nordböhmen geboren. Ihre Biographie gibt Auskunft über die Möglichkeiten einer Frau im traditionell männerbündlerischen Wissenschaftsbetrieb: „1945-50 Bauernmagd, Hausgehilfin und Stenotypistin in amerikanischen Büros. 1950-58 tätig für British Airways in München. Ab 1958 u.a. Sekretärin für eine Importfirma in Alberta, ein Nickelbergwerk in Manitoba und Iberia in Toronto. Der Versuch, an der dortigen Universität Germanistik zu studieren, wurde von Prof. Bauer vereitelt, der meine Deutschkenntnisse schlicht ableugnete. Meine Beschwerde scheiterte an männlicher Solidarität. Seit 1977 arbeitete ich als Teilzeitkraft für die Wilfried Laurier Universität in Waterloo, Kanada – bessere Stellungen wurden mir verweigert. Es könnte eine >>Strafe<< sein für meine Tätigkeit in der Nibelungenliedforschung, die bisher zu zwei wissenschaftlichen Veröffentlichungen führte. – Ich bin zum zweiten Male verheiratet und habe einen Sohn, der Englischprofessor ist.“ (Info der Autorin aus: Luise F. Pusch (Hg.): Feminismus. Inspektion der Herrenkultur. Ein Handbuch. Frankfurt/Main 1983. S. 548.)
Lösel-Wieland-Engelmann vertritt die These, dass das Nibelungenlied von einer Niedernburger Nonne stammt, die ( – These wie Nonne! – ) allerdings in der Fachwelt wenig Resonanz fand. Dies mag zum Teil an der phasenweise etwas kruden Argumentation liegen, jedoch sind ihre „Wichtigsten Verdachtsmomente für eine weibliche Verfasserschaft des Nibelungenliedes“ (so der ursprüngliche Titel ihres Aufsatzes; hier aus Singbarkeitsgründen in „Gründe“ und aus ungenügendem Quellenstudium in „Urheberschaft“ geändert) nicht allesamt so rundheraus von der Hand zu weisen, wie dies feministischen Thesen in der Regel ja noch häufig zuteil wird.

Die unbekannte Nonne und Berta Lösel-Wieland-Engelmann sind Schnittstellen einer zweiten, weiblichen Literaturgeschichte, die noch immer nur rudimentär vorliegt.

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Wer schreibt, der bleibt, heißt es beim Schafkopf, einer traditionellen bayrischen Männerfreizeitgestaltung auf Spielkartenbasis. Die Niedernburger Nonne und Berta Lösel-Wieland-Engelmann, die der ganz natürlich gebliebene Text von Bernd Meinunger nur in verblassten und dennoch volkstümlich ausgeleuchteten Momentaufnahmen über Aufzeichnungstechnologie gebeugt vorstellen kann, haben geschrieben, sind aber nicht geblieben. Eine faszinierende Reise durch die Zauberwelt der Ausschlussmechanismen zeigt uns ihre Spuren kurz vor dem Verlöschen. Das oberösterreichische Erfolgsduo Erfolgsduo Fürlinger, Grenzfurthner (präsentieren Herrn List) macht in seinem melancholischen Schlager „Die wichtigsten Gründe“ deutlich, dass die Frage nach Urheberschaft den das wissenschaftliche Paradigma der Philologie hervorbringenden ökonomischen Bedingungen geschuldet ist. Es ist die Frage nach „Eigentum“, wie sie in typischem Akzent schmunzelnd zu Bedenken geben. Denn sie wissen, jedeR muss für sich entscheiden, ob er Teil des Problems oder Teil der Lösung sein will, Brothers’n’Sisters. Und: „Alles verändert sich, wenn Du es veränderst, Wilfried“, wie Wilfried Grenzfurthner von seiner Therapeutin Frau Dr. Almut Pleul gelernt hat. Eine unvergessliche Kritik an der bürgerlichen Geschlechterordnung ist den beiden nachdenklichen, aber kerngesunden Burschen und der jungen Sprachwissenschaftlerin da gelungen. Tradition als Erbe von Gestern ans Heute und als Herausforderung für Morgen: Genießen Sie ein Stückchen der schlechten alten Zeit und vieles, was heute noch ein Stückchen unaushaltbarer geworden ist in stimmungsvoller Harmonie und liabem Engagement für ein neues Wissenschaftsparadigma. Die empirisch-tranzendentale Dublette hat sich ausgemenschelt! „Unser“ Erfolgsduo Erfolgsduo Fürlinger & Grenzfurthner (präsentieren Herrn List): Romantikträume, die klarmachen, wo sie stehen, ohne auf das „Herz“ und den Spaß und die Zielgruppenorientierung zu verzichten, die jeweils auch dabei sein müssen. Weil: „>>Allein machen sie Dich ein, Wilfried!<<, das hat mir schon die Großmutter immer gesagt“, meint Wilfried List und lacht mit handelsüblicher Herzensbildung im ehrlichen steiermärkischen, vergleichsweise bodenständigen Gesicht.

(Übrigens: Gegen unlautere Nachahmung werden wir vorgehen, gegen lautere sind wir machtlos!)

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E-Post an das Erfolgsduo

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Ein Traum in html: Besuchen auch Sie unsere gemütliche Internetstube: www.monochrom.at mit vielen rustikalen Spezialitäten aus allen Bereichen, die heute modern und doch die alten geblieben sind (z.B. Leiberln, Fachzeitschriften, Sexualität).

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Aufgenommen im Villa Island Studio im August 2003. Danke, Marc.