Wir Makrelengeiger haben genug von der
jahrtausendelangen Vorherrschaft des Wohlklanges. Durch unser Dasein
verändern wir die Welt. Wir tun dies bewußt und im Vollbesitz
all unserer geistigen Kräfte, obgleich wir diese nur zu etwa zehn
Prozent nützen.
Fabel 1: Stellen Sie sich eine
knorrige Eiche vor, deren Wurzeln tief in das kühle, feuchte Erdinnere
vordringen und deren Baumkrone sich weit in den gestirnten Himmel emporreckt.
Dieser Baum ist eine Metapher, sinnbildlich und sinnlich zugleich. Er
offenbart auf wundersame Weise das Schaffen der Makrelengeiger, denn
er hat keinen Stamm. Die Lust am Tun ist da, der Drang, ebenso das Ergebnis,
das Werk. Die Brücke aber verschwimmt, ist undefiniert. Der Stamm
im klassischen musikalischen Sinne beschreibt die vorsätzliche
und vom Musiker gesteuerte Umsetzung seiner klanglichen Vorstellungen.
Bei jedem Künstler fehlt ein wenig Stamm, und sei es nur ein Stücklein
Borke. So steckt in jedem Musiker ein klein wenig eines Dilettanten.
So manchem würde dieser Mangel an Perfektion Unbehagen bereiten.
Wir jedoch greifen diese Facette auf, finden sie gut und verstärken
sie. Fortan wollen wir diese Geisteshaltung Dilettantiphilismus heißen.
Es ist demzufolge nicht erforderlich ein Instrument spielen zu können,
etwas von Musik zu verstehen, oder sogar begabt zu sein, ja es kann
durchaus hinderlich sein. Wir haben keine Angst vor dem eigenen Unvermögen.
Zu gefallen ist nebensächlich, aber nicht verwerflich. Auch Makrelengeiger
sind Menschen mit Gefühlen.
Beobachtung 1: Das Startum ist
ein Übel unser Zeit. Der Star ist ein abgehobener Wicht, er verblendet
durch seine Position; Geldgier, Größenwahn und Arroganz sind
nur die Spitze des Eisberges. Wir neutralisieren Stars. Wir katapultieren
uns auf deren Ebene, obwohl wir nicht so viel üben, denn auch Menschen,
die nur wenig oder gar nicht üben, haben ein Recht darauf, musikalisch
tätig zu sein. Überhaupt ist es jeder Person selbst überlassen,
was sie in ihrer Freizeit tut.
Fabel 2: Unsere Wurzeln stecken
im Humus des eigenen elitären Bodensatzes.
Axiom 1 (Absorbtionsthese bzw.
Musikalischer Imperialismus): Ein Makrelengeiger m in einer beliebigen
Menge N wohlklingend Musizierender transformiert durch die Tätigkeit
g (makrelengeigen) die Menge N in die Menge N'.
N' ist definiert als eine Teilmenge der Makrelengeiger.
Beispiel der praktischen Anwendung der Absorbtionsthese: Es ist uns
daran gelegen durch gezieltes Einschleusen von Makrelengeigern in Symphonieorchestren
eine Form des viralen Widerstandes zu entwickeln. Ein Neujahrskonzert
der Wiener Philharmoniker (1984) hätte durch mindestens einen Makrelengeiger
transformiert werden können und Österreichs Ruf in der Welt
wäre vernichtet.
Axiom 2 (erweiterte Absorbtionsthese):
Zusätzlich zur neuen Menge N' wird es unweigerlich geschehen,
daß eine vorerst unbescholtene Menge P (Zuhörer) von
der Menge N' absorbiert wird. Dies geschieht in erster Linie
durch Husten, Klatschen oder Unmutsäußerungen. Diese Klangfolgen
sind inhärenter Bestandteil der Makrelengeiger-Musik, kein Teil
der Menge P kann sich dagegen wehren. Eine von uns eigens konstruierte
Metasprache hilft dem Zuseher sich dem Dilemma zu entziehen, durch jede
klangbildende Aktivität unwiderruflich zum Makrelengeiger zu werden.
Diese Metasprache enthält ausschließlich folgende Worte:
1. Psalm
2. der Wurschtl
3. Bravo
4. Bischof
5. Spanplatte
6. burschikos
Die Äußerungen sind dezitiert nicht Teil des Gesamtablaufs
von g. Wir erschaffen damit eine in sich geschlossene TTZ (temporär-thesengebundene
Zone).
Postulat 3: Wir bedienen uns der
gleichmäßigen Ausbreitung von Schallwellen.
Verwerflich: Tonträger sind
es. Sie sind tot. Wir jedoch leben, lieben, atmen! Tonträger untergraben
auf arglistige Art und Weise die Dogmen der erweiterten Absobtionsthese.
Frevel! Wir verbieten die Produktion und Reproduktion von Speichermedien
mit makrelisiert-geigendem Inhalt. Jegliche Formen illegalen Handels
und Vertriebs sowie Besitzes selbiger kann als riskant eingestuft werden.
Schwarzmarkt-Umtriebe werden zerschlagen.
These 4: Makrelengeiger gehört
geehrt.
These 4a (Genanz-Regel): In Zeiten
wie diesen, in denen die schamlose Selbstinszenierung und Zu-Markt-Tragung
der Peinlichkeiten zum täglichen Brot eines jeden Mediums, ob Funk,
Fernsehen oder Telegraph, geworden ist, ist es nicht nur legitim, sondern
auch dankenswert sich als Makrelengeiger für sein Tun zu schämen.
Scheitern ist schön! Blamage Sonnenschein!
Märtyrertum ist nebensächlich, aber nicht verwerflich. Auch
Makrelengeiger sind Menschen mit Gefühlen.
Leere Versprechungen:
Plastiksackerl können ohne Hinterlassung von Schadstoffen verbrannt
werden.
Makrelengeiger würden auch Wurzelbehandlungen durchführen.