monochrom bringt geologische verwerfungen nach são paulo 

welcome to land der gegensätze-world.

repräsentation in einer welt totaler repräsentationen.

verschiedene tage in einer anderen zeitzone und echt viel kultur:
mit

flugtrupp 1:
grenzfurthner, kollege
wientzek, kollege
ablinger, kollege
thomann, meister
badovinac, kuratorin

flugtrupp2:
fürlinger, kollegin
scharang, kollegin
edlinger, kollege
gebauer, kollege (der "piringer")
schneider, kollege

gruppenaufnahme - von links:
findeisen, schneider, scharang, edlinger, fürlinger, grenzfurthner, gebauer (alias "jörgl piringer"), ablinger, wientzek
 


anmerkung: bildmaterial teilweise bereits eingespeist. durch (***)-linkage gekennzeichnet. fehlt aber noch diverses.
(manually remastered)



 

14. märz 2002

tag null

kollege ablinger und kollege grenzfurthner werden von kollegin fürlinger zum flughafen wien schwechat gebracht. g. p. thomann erscheint nicht an der verabredeten stelle neben dem koffer-in-plastik-verpack-automaten. wir machen uns sorgen. fliegen aber schon mal los.

in frankfurt steigt kollege wientzek zu. er muss alleine sitzen.

nahrungs- und schlafverhältnisse im flieger der totalen norm entsprechend.


15. märz 2002

1554 von jesuiten gegründet, hat die stadt ihren natürlichen kolonialen charmebewahrt.

ankunft. danach taxifahrt in den pittoresken smog (***) mit obligatorischer abzocke (67% zuviel). manhattan (***) unter palmen, so schöne graffiti. etwa bush und bin laden mit brennendem world-trade-center im niedlichsten kindchen-schema (***). mit augen wie kleinstkarnickel. das herz geht uns über. all die poren gehen uns auf bei neckischen 33 grad celsão.

unbewaffnete uniformierte halten uns freundlich alle türen auf.

das „grand hotel ca’d’oro” (heißt irgendwas mit gold) platzt qua wuchtigem 60er-jahre-schwulst aus allen ästhetischen nähten. vielleicht ist es auch 50er-jahre-schmonz, egal.

in selbigem schlafen wir uns ca. ein kilo jetlag aus den leibern. danach koffein (***). und kontaktieung unserer reizenden ortsverwachsenen assistentinnen. sie kommen mit zwei blankgeputzten mittelklassewagen, einer ohne klimaanlage. der dafür aber mit fußball (klischee) im kofferraum.
in perfektem englisch lesen sie uns die w-fragen von den glasigen augen ab.
was essen?
wo wechseln?
wie kunst?
warum schweiß?

überall wohin man schaut globalisierung. vor allem in der shopping mall, die wir aufsuchen, um unseren bauch mit lokalkolorit vollzuschlagen. nehmen fleisch dersorte rind, dazu kartoffel und gemüse. anschließend fahrt um den etwas großen block.

der erhabene moment: das biennale-gebäude. welch protzig-derber kasten mit schwungvollem interieur (***). es ist ungefähr so groß wie eine billion bananen (etwa 6 fußballfelder und das noch 5 mal) und hat autorampen bis unter die decke.
der niemayer hat das mal gebaut, vor langer zeit. das ist unser erster polykontexturaler raum, der nur aus galerien besteht. wow. aber ob sich zwischen diesen öffnungen auch energien zirkulieren? man weiß es nicht.

fett!

wir bekommen gänsehaut und schilder um den hals wo unsere namen mit dem begriff „artista“ ergänzt werden. überall werkeln die anderen artistas aus allen herren/damenländern. die new yorkerin etwa schaut streng und bastelt an einem bambusgewirkein dem gekonnt plastikscheiße zu einer 30meter hohen apotheose der filigranz versponnen wird (***). schãu schãu.

die assistentinnen berichten uns, dass sich thomann auch bei ihnen nur kurz telefonisch gemeldet habe. er werde am dienstag kommen.

das leben macht wieder sinn als wir unseren kunstvoll gefertigten österreichkubus betreten können. die dimensionen, so regelmäßig, so rein in geometrie und farbgebung!

vor der tür schon riesige kisterln mit „priority cultural character goods“ und emballagen. mit glücklichen schraubenziehern öffnen wir all das holz wo thomann draufsteht und sogar wir drin sind (***).

piktogramm.

alles heil, bereit gruppiert zu werden.

nun a) auspacken (***) und b) prüfen und c) wertschätzen.

organisaçãomuito bem, obrigado!

wir lesen unsere instruktionen:

"der raum stellt eine mentale österreichische landschaft dar, in der thomann zeitgenössische junge kunst anordnet: diese wird vertreten vom klangkünstler tonki gebauer, dem interventionistischen netzkunstprojekt 320x200, dem maler richard wientzekund der wiener sub-sub-subkultur, künstlerkolonie, medienmogulerie und kontextblase monochrom. im herzen dieser anordnung befindet sich thomann selbst,(über-)repräsentiert durch seine bild-licht-fleischwerdungs-installation „self-portraitas austria’s highest mountain (i’m winning my religion)“. auf 4 bildtafeln stellen 4 seitenansichten des großglockners (der höchste berg österreichs) die person >>thomann<< in ihrer körperlichkeit dar. jeweils darüber flimmert der „geistige thomann“ als microsoft-symbol seiner selbst. zugleich formieren die tafeln ein karree, das thomanns begehbare innerlichkeit einfasst. dort thront seine seele als oblate (geweiht von peter weibel) in einem goldenen tabernakel aus dem baumarkt. anhand von vierausliegenden panorama-karten werden die biographisch-kunstgeschichtlichen einschreibungen in die geologische masse 'thomann' erläutert. sie verzeichnen wanderrouten zum verständnis von werk und künstler. dieses zentralmassiv ist durch straßen mit den einzelausstellungen der 4 künstler und künstlergruppen verbunden. sie sind tourismuszentren, die thomann an der langen leine landschaftlicher signifikanz hält, und wetteifern miteinander um die gunst der besucherinnen der gegend. hier findet der thomann-begeisterte quartier, aber sie haben auch selbst einiges zu bieten. für jeden geschmack – von rustikal bis modern – sollte hier etwas zu finden sein."

mühsam ernährt sich die hier heimische subvarianz des eichhörnchens. aber das kriegen wir schon hin.

(***, ***, ***, ***)

im eifer des großglocknerversetzens merken wir um 22:30, dass es ja schon 2:30 ist. als müde doch beseelte bergarbeiter kehren wir heim und fallen nach eklatant-üppigem mahl in komatösen klimaanlagenschlaf, surr.


16. märz 2002

verkühlungserscheinungen werden ausgesessen.

zdenka badovinac wird empfangen und mit ins taxi genommen. sie ist nun unsere curadora (***)!

well i been workin' in a white cube
goin' down down
workin' in a white cube
whew about to slip down
five o'clock in the mornin'
i'm up before the sun
when my work day is over
i'm too tired for havin' fun
lord i am so tired
how long can this go on
i been workin' goin' workin'
whew about to slip down

die montagearbeiter haben wunderschöne montagearbeiter-t-shirts. sie sind jung, kompetent und lesen uns unsere montagewünsche von den (diesmal) trüben augen und den klaren handskizzen ab. der begriff „dübel“ wird im pantomimischen ausdruckstanz dargestellt, erkannt und sofort in die wand getan. laufend kommen wichtige menschen mit noch wichtigeren berufsbezeichnungen. zum beispiel alfons hug, „leiter der biennale“. er spricht perfekt deutsch und erklärt uns, dass das gelände ungefähr so groß wie eine billion bananen (etwa 6 fußballfelder und das noch 5 mal) sei und autorampen bis unter die decke habe.

alfons hug: “com certeza esteprojeto que estou entregando passará por várias modificações”

habermals ein großer moment: die zentralinstallation wird unter ausgetüfteltsten sinusberechnungen an die decke gehängt. mathematik kann so praxisnah sein. es klappt wie am stahlseil. (***, ***) keine verluste. wenige stunden später hängt thomann wie ein damoklesschwert verschwommener alpinistik über uns und glotzt big-brotheresque in alle erdenklichen ecken des raumes. dabei trinkt der doch sicher grad eine melange im cafe museum. vielleicht plauscht er sogar mit der jelinek über den zustand der welt.

gerätschaft. krass.

der erste viertausender, die wientzek-wand, wird ohne größere konditionsprobleme bezwungen (***, ***).

sogleich beginn aufstieg 320x200 (***, ***).
kurzbiwakierung nach reihe 3. zur belohnung werden wir auf eine party geladen. motto: komische kopfbedeckungen.
danach bewegende heimfahrt. großartiges baden im hotelpool, stock 21. als würden wir nicht schon genug wasser verlieren, zwängen wir uns in dampfband und sauna und verschmelzen endgültig mit dem liaben kontext/kontinent.
hierauf schlagen wir uns in einem erlebnislokal, eher südamerikanisch, die bleichen bäuche zu. neben schlank-bräunlichen menschen wirken wir eher europäisch.
ab zur komische-kopfbedeckungen-festivität (festa). werden zuvor aber in eine falsche lokalität gelockt. wir tun uns mit dem portugiesischen noch etwas schwer, aber man hat mitleid und schickt uns hilfsbereit in mehrere divergente himmelsrichtungen. im nächtlichen strassengetümmel kann mit fug und recht lateinamerikanische lebensfreude und körperlichkeit (15 millionen knapp bekleidete leiber) konstatiert werden.
wir schaffens doch. setzen uns als hüte unsere mitgebrachten plattencover (jean michel jarre 1978, james last 1972, italopop love songs 1981) auf. werden sogleich als „creativo“ gebrandmarkt und mehrmals fotooptisch (***) festgehalten (http://www.bbbpage.hpg.ig.com.br/ - die halunken haben uns noch nicht draufgegeben). wir tanzen uns bei amtlichen sich-fürs-eigene-geschlecht-interessierenden-männerhits (nachträglich korrektiert) einen amtlichen hetensuff an. unser erster caipirinha bei 45 grad im schatten des stroboskoplichts. erste sahne.
unsere berechnungen (7,5 millionen frauen, davon 40% in ansprechendem alter, davon 10% kunstinteressiert, davon 2% des englischen mächtig und davon 10% geil) geht nicht auf.
eine von 7,5 millionen.
halb 5 in heia, salz auf unserer haut.


17. märz 2002

es hilft nichts. 9 uhr aufstehen. unbewaffnete uniformierte helfen uns im frühstückssalon so gut sie können. leben heißt leben.

1-16: handwerkszeug von links nach rechts.

es ist sonntag und aufs gebot der ruhe scheißend beenden wir den rohbau der 320x200 installation (***, ***). für die einführung des letzten der hierfür verbauten 318 aktenordner chartern wir eine zufällige geeignete dame, sie wird den ordner einfügend unter applaus dokumentarisch aufgenommen (***).

später kommen bolivianische künstlerinnen herein und bescheinigen uns, dass es nett wäre. unsere hitzeherzen pumpen was das zeug hält. wir beginnen mit kleisterung des monochrom-ästhetikums (***, ***, ***). ob sich das alles ausgeht. na ja, die wände sind zehn meter breit und fünf meter hoch, und dies in einem gebäude,das ungelogen so groß ist wie eine billion bananen (etwa 6 fußballfelder und das noch 5 mal) und autorampen bis unter die decke hat (so unser alfons).
en passant murmelt die nicht minder verschwitzte zdenka wohlwollend, dass unser zeug bis jetzt „rather strange“ wäre. beim abendmahl meint sie aber sie wollte ohnehin „something different“ kuratieren.
frei nach brahms schlüpfen wir mit näglein besteckt unter die deck’.

18. märz 2002

der swimmingpool ist wunderbar. wenn man allein drin ist kann man spitternackt seinem johannes die skyline zeigen.

das leitungswasser schmeckt ja nach chlor!!

kollege ablinger kämpft seit 7 uhr morgens im business center des hotels gegen lahme tintenstrahldrucker und um rechenzeit bettelnde amerikaner. die behauptung einer nicht so alten sage, dass alle fünf sekunden irgendwo ein inkjet-drucker den weg alles sterblichen findet, erweist sich als statistisch überkorrekt.

zum frühstück eier, würscht und papaya.

ab zur biennale. die luft im raume österreich wird zusehends dicker. das mikroklima des kubus ist uns nicht geheuer. wann wird es zu regnen beginnen?

die künstlerInnen fremder länder behängen ihre eingänge mit „do not enter“ schildern. wir befestigen ein herzbemaltes „please come in and have several looks. we are lonesome concept artists far away from home“. es funktioniert. innerhalb kürzester zeit findet sich sporadisch haufenweise interessiertes gesinde ein (russen, koreaner, kuratoren und macher).

wir hackeln wie die schwaben. auch heute transpirieren wir voll drauf los. wir stellen fest, dass wir trotz literweisen wasserkonsums noch nie auf dem biennalepissoir waren. nur abends und morgens urinieren wir in die sauberen hotelschüsseln. wenn das nicht gesund ist.

es gibt kleinere technische widrigkeiten. zum beispiel kein licht. weder lux noch candela. der wientzek muss die 320x200-ordner-beschriftungen im dunkel unserer box schneiden. lediglich kollege ablingers notebook dient als rechenstarke taschenlampe im stinkenden schwarz des landes austria.

im ganzen gebäude dröhnts und wimmerts vor ameisenhafter gegenwartskreativität.

ablinger führt beschriftung ein, knirscht und wimmert dabei (***).
kollege grenzfurthner schlägt sich feierlich den letzten goldenen nagel durch den daumen. heimwärts gegen 22 uhr. erfrischendes wasser, diesmal nicht aus dem eigenen körper.


unsere herberge erweist sich als züchtige oase der wohlfahrt in einer welt aus rotlicht, rock und räubereien. wir kämpfen uns durch zu unseren nudeln mit sauce. essen. saufen. bezahlen. scheiß tagebuch (***). foffi.


19. märz 2002

grenzfurthner muss mit verschwitztem habit antanzen, da das hotel seine kleidung nicht säubert. notiz: "we didn't clean this clothes because the is some orifices (hole) anyway if you want to clean call us back in the reception desk. normally we don't do the service without to inform. best wishes. amaral."

an der rezeption meldet uns der mann die nächtliche ankunft thomanns, welcher in zimmer 728 wohnt aber nicht gestört werden will.

nach saftigem petit dejeuer wird der tag schon früh in planerischer sorgfalt angebrochen. während ablinger franz schon mal nach österreich fährt um die ars electrica anzukurbeln, bequemt sich das duo grenzfurthner-wientzek zu einer kleinen chlorophylliade. denn: wir brauchen zwei kleine cactus (zorn gottes, stachelgewächs), die die 320x200 installation bürokratoorganisch aufwerten sollen. denn: man muss wissen: hier sind 318 ordner in rot-weiß-roten reihen - schick beklebt mit einer spröd-globalisierungskritischen sentenz.

IT IS PROFITABLE TO BUILD SMALLER FREIGHT TRAFFIC AND DISTRIBUTION CENTERS,ALLOWING BETTER COORDINATION OF FREIGHT MOVEMENTS AND AVOIDING UNNECESSARY SHIPMENTS. ADDITIONALLY, MEASURES SUCH AS THE INTERNALIZATION OF EXTERNAL EXPENSES IN FREIGHT SHIPMENT WITH CHANGES IN FUEL TAXES AS WELL AS IN FREIGHTTAXES ARE NECESSARY.

da ist man baff. da braucht es grün.
wir fahren mit assistentin ana zum größten pflanzenmarkt lateinamerikas (***).
das gelände ist ungefähr so groß wie eine billion guavas (etwa 6 fußballfelder und das noch 5 mal) und hat günstiges gestrunk sonder normen. so haben wir uns den urwald vorgestellt, nur ohne gabelstapler. wir erwerben ein sixpack cactus (***) - weils billig ist und der rest an alfons hug, den leiter der biennale, verschenkt werden kann. oder an kosularbeamte mittleren ranges. wir nehmen noch schnell vier beliebte koniferen mit. diese sollen die ecken unserer lounge bereichern.  dort angekommen laden wir alles ab.

  klassische moderne, hart.

ein schlanker montagearbeiter mit motörhead 1992 brazil tour tshirt bringt unsere fauna (***) zu uns. die grünen lungen!
ihn begleitend treffen wir auf einen uruguayanischen artista, der aussieht wie der matthias dusini vom falter wien. kein schmäh.

früchte der arbeit, weich.

grenzfurthner säuft literweise frischgepressten orangen- oder sonstwassaft und guaranat in dosen und kommt gar nicht mehr runter.
kindheitsträume werden wahr.

es gibt werktätige hemmnisse. die letzten 20% der arbeit brauchen 80% der zeit. in den vermaledeiten leuchtkästen sind keine verflxten leuchtstofflampen. malefiz.
unstimmigkeiten. vorwürfe. schläge.

kollegin fürlinger wird ob lampen gefragt.

raum österreich verbucht zusehends wohlwollende-kuratoren-besuchsschwemme. wer nett ist, kriegt einen cactus.

erkenntnis: politik und ästhetikgezeter spielt zwischen den künstlerInnen keine rolle. wichtiger ist wo fuchsschwanz, schwingschleifer oder deckenstrahler zu finden sind.
viele nationalitäten setzen nun praktisch in die tat um, was sie sich selbst zuhause ausgedacht haben.

wir fegen unser kämmerlein blitzeblank sauber (***).
verlieren körperflüssigkeit und selbstachtung. unstimmigkeiten. vorwürfe. schläge.
heimfahrt im verkehr.
bemerken auf den rückseiten der hiesigen zigaretten fotografien von jung-dynamischen menschen im todeskampf (atemnot bzw. herzeleid) oder mit potenzproblemen (frustriert in bett sitzend neben geschlechspartnerin) oder mit frühgeburten (***). wir wissen nicht wieso diese bilder angebracht werden. so will ja niemand mehr zigaretten kaufen!! der brasilianischen wirtschaft könnte ein umdenken hier gut tun.

mit der slowenischen mannschaft ist ein diner geplant. die künstler kommen zu früh. werden vom concierge in ein restaurant geschickt: casa italiana (bitte merken).
slowenischer kurator, zdenka, eine interessierte journalistin und wir nehmen die verfolgung auf. verlieren übersicht. menschen, massen, missgeschicke! bewaffnete uniformierte können nicht helfen.
endlich finden wir das gebäude. es ist eher gewaltig. werden von besonders schön unbewaffneten unformierten in einen aufzug gebracht. dort werden von einem grauhaarigen argentinier und einem brünetten ami (aus der stadt des heiligen franziskus) angesprochen. kollege wientzeks sogenannte "bermuda"-hose (eine jeans) wird attackiert, dabei will er doch nur eine pizza essen. aber der keck lachende amerikaner bemerkt nur abschließend: "if you have money you can wear whatever you like". er ist wirklich eine weltmacht.
im 40. stock angelangt bemerken wir die kapitalistisch-aufgedunsene dekadenz und werden per schild um 25 rais (das sind 25 dm, wer sich noch erinnern kann) restauranteintrittsundaussichtskonsumgebühr gebeten. bis ins mark gepeingt und unter wientzekschen "das ist doch scheiße"-rufen laufen wir davon und kommen erst in einem strassenrestaurant mit japanischem alleinunterhalter (der aussieht wie konstantin wecker) zu einem halt.

anschließend remschlafphase und thetawellenbereich.


20. märz 2002

neue erkenntnisse von der nachhut. patricia g. (angehörige der überkunstschreiberischen zunft) ist angekommen und im hotelzimmer verschwunden.
thomann hat seit 31 stunden sein hotelzimmer nicht verlassen und reagiert auf einfaches klopfen durch unsexuell klingendes gegrunze.
andreas findeisen, sohn eines norddeutschen pastors und von uns angemieteter philosoph, wurde - so kollegin fürlinger am gesprächsapparat - "am frankfurter flughafen falsch geschickt" und mußte eine nacht in hessen verbringen. "er kommt schon noch." damit hat der alte sloterdijk-bekannte sicher nicht gerechnet.

per email vermeldet kollegin fürlinger: "ich habe die neonlampen. nach einer mittleren odyssee in den dritten bezirk.habe soeben bemerkt, dass ich seit drei tagen vergessen habe, zu essen.dank sei gott dem herrn."
bald werden wir sie in unsere klebrigen arme schließen können.

grenzfurthners wäsche wird mit einem "please wash these and forget the holes. these are working clothes for the biennial"-schid versehen und abermals in den gang gestellt.

wieder mal eine portion vitamin-b-komplex-tabletten mit betacarotin von der pharmazie grenzfurthner. wir freuen uns schon auf den neongelben superurin (überschußausscheidung besagten carotins). ein hit auf parties.

fahrt zur biennale. alle taxifahrer sehen aus wie antonio banderas mit 17, 26, 34 oder 76.

ankunft.
schön, aber noch nicht ganz vollendet.

im süden verzaubert são richard wientzek mit malerischer beschaulichkeit. umrahmt von seinen lauschigen formexperimenten lassen sich ungetrübte stunden mit der ganzen familie verbringen. (***, ***)

im osten strapaziert são tonki gebauer mit der vertonung eines stummfilm-remixes. zwar noch ohne bilder. aber egal. freunde schwieriger geräusche und enervierender soundschleifen können hier die sorgen des alltags vergessen. (***, ***, ***)

als theoretische geschenk-boutique und postmodernes disneyland der eitelkeiten gibt sich são monochrom im westen zu erkennen. was sie hier nicht finden, gibt es nirgendwo. (***, ***, ***, ***)

eher nachdenklich stimmt são 320x200 im armen norden. hier gibt es nun zur dokumentationszentrum der globalisierungsproblematik. naja, besonders empfohlen vielleicht für schulklassen und anders-reisende. (***)

nur die leuchtkästen sind nicht nicht fertig (***).

die schweizer bauen einen riesigen elektrisch höhenverstellbaren wachturm auf. verdammt, das ist ja politische kunst (vgl. wachturm)! andere länder sind nicht mal noch da. da fragt man sich schon.

ansonsten haben uns die technikerInnen in ihre 110-volt-herzen geschlossen. wir wären umgängig und begabt. das mache es einfach. andere künstler wären - eine alliteration - aber alle arschlöcher.
speziell der "japones" (sein vater ist japaner), der glorreiche abteilungsleiter im ersten-stock-west-anfertigungsbusiness, mag uns so richtig echt voll recht doll. es gibt aber noch ganz viele andere technikerInnen, denn das gebäude ist wirklich gross. aber die technikerInnen dort kennen uns nicht und können uns deshalb auch nicht nett finden.

wir schaffen 43 tasks in mindestzeit. wientzek merkt seinen dehydrierungsgrad nicht und stirbt fast. er wird mit orangensaft zwangsernährt.
kollege ablinger macht thomanns seele fertig (***). nachdem thomann zwar scheinbar das zimmer verlassen hat, aber auch nicht auf der biennale auftaucht sind wir kurzfristig besorgt.

zdenka hat neue faustdicke muskelstränge aufgebaut, nachdem sie täglich zwischen 17 und 98 mal das gelände umrundet und personen anschleppt. das finden wir sehr höflich. da fühlen wir uns gebraucht.

eine kuratorin sagt bei uns wäre alles "total freedom."
wir verschenken 2 kaktus an 2 personen. sie haben vornamen wie jorge, luis oder borges.

zurück in die fast goldgeflieste hotelzuflucht. 10 minuten zeit zu duschen und die täglichen 2 minuten stoffwechsel. rein ins schicke outfit und ab ins europäide. besser gesagt zu einer sogenannten "cocktailparty" der künstlerInnen der eu.
auf diese weise erfahren (doppeldeutig) wir, dass wir teil einer europäischen gemeinschaft sind.
es sieht ungeheuer amtlich und beschwingt offiziell aus. vorher verfährt sich aber unser taxler (der sieht aus wie ein chinesischer burt reynolds) und fährt uns mehr als eine stunde an der nase herum. er hat keine brillen und kann den spickzettel nicht entziffern. so kommen wir wenigstens mal herum und sehen auch was. aber er ist lieb und verlangt 3% weniger geld.

entspannte sterne auf blauem grund.

die party: es gibt nur sekt und prosecco. auch ein bisserl schnaps und belgisches bier. auch etwas wasser und streichbares fleisch. ach ja und wein. auch diese kleinen dinger, die so gut schmecken. für die musikalische untermalung sorgt vorerst ein anteilsmäßig palästinensisch wirkender solomusikant (inkl. engagiert tanzender tanzdamen) mit klarinettenähnlichem lautobjekt.
danach kommt eine überaus knorke fusionband mit saxophon und anderen exotischen instrumenten wie gitarre.
es gibt auch kunst. grosse, aus stahl gefertigte wippende objekte, die sich nicht von selbst bewegen. grenzfurthner und wientzek hängen sich daran auf und wackeln damit. ein nichtbewaffneter uniformierter weist sie in ihre handels-schranken.
nun gut: dann halt gespräche. wir schwatzen, was das zeug hält. unsere zweiten vornamen sind "smalltalk" und "manierismus". es ist fast so, als würden wir den ganzen tag reden üben. wir schließen lose bindungen mit menschen aus aller welt. es kommen auch australierInnen und so. dabei sind die doch gar nicht in der europäischen union. unser steuergeld!
heut schmeckts uns wieder mal besonders gut. kost ja nix.

wir kommen aus dem staunen nicht mehr heraus.

der österreichische handelsattaché ist so richtig ein österreicher. er kennt sich aus, er hat es zu was gebracht. nett ist er auch, wahrscheinlich deshalb. den botschafter (krawatte) fährt er manchmal durch die gegend.
wir sind aktiv, jung und derlei adjektiva. deshalb tanzen wir bis in den frühen morgen (ca. 1 uhr). jetzt ist es aus, so die oberste stelle. vielleicht müssen sie schnell zurück nach brüssel.

wie schlafen den schlaf der regrechten (sic).
währenddessen haben die anderen probleme in österreich. sind sind terroristen. sie müssen nämlich unsere neonröhren mitnehmen. und das darf man nicht. da kann das flugzeug kaputtgehen. sie schaffen es aber doch. durch gute kontakte ins nahbereichsjenseits und jede menge drohungen. sie laufen durch den metallscanner durch wie butter, keiner merkt es.
der flug unserer ergänzungsgruppe gestaltet sich blöde (***). man kann richtig sehen wie gross afrika ist (siehe bildschirm). beinfreiheit is just another word for nothing left to loose.
kollege schneider schafft nur dreissig seiten h. p. lovecraft. es ist grauselig. herr schneider hat angst, dass man ihn für flugängstlich hält und versucht deshalb krampfhaft locker zu bleiben (öffentlichesurinaleffekt).


21. märz 2002

verpackungswahnsinn ist menschlich. menschlichkeit ist verpackungswahnsinnig.

landung, kein klatschen.
gepäckannahmewillige fühlen sich um ihre annahme betrogen (***). varig, varig, ich sage dir. die lufthansa hats verbockt. die damen sind um frischkleidung und kosmetika betrogen, die herren um ihre selbstachtung. sie riechen nach 11. september.

was haben sie auch so viele flugzeuge wenn sie mit ihnen nicht zurecht kommen.

taxi 1 benötigt 1 stunde zur herberge (kollege edlinger, kollegin scharang).
taxi 2 benötigt 2 stunden zur heberge (kollege schneider, kollege gebauer, kollegin fürlinger) bei gleichzeitiger losfahrt.
das liegt daran, dass sao paulo so schnell wächst.
(***)

die ankunft der ankunftsgruppe 2 ist ein festival für alle sinne.
enttäuschend hingegen der jetlag. schneider frank hatte sich mehr erwartet.

enthusiastische begrüssung der neuankömmlinge. küsse. tränen. herzlichkeit.
die neuen werden mit frühstück abgespeist und ins bett geschickt. grenzfurthner, wientzek und ablinger helfen nach und gehen arbeiten ins reich der 80%igen dekoration. kunst ist heuer tendenziell tapetoid (***, ***).

wir treffen einen künstler. aber jeder mensch ist einer. ein gewissenskonflikt.

wir melden ein sogenanntes "action teachings" mit herrn findeisen für den offiziellen binnenveranstaltungskalender der biennale an. herzliche helpdeskdamen kleben was das zeug hält (fleiss und klima). es soll ein schöne und lehrreche stand-up-interpretation des thomannschen werkes werden.

die installation ist ready-made. die fleissigen bastler freuen sich auf ihre freunde. doch die kommen nicht, denn sie haben sich verschlafen, verplaudert und zu viel bestellt. frau fürlinger und der ablinger franz haben sogar geburtstag. sie wünschen sich aber nur gute noten.
saufen in der trattoria mit den portionen, die man vom mond aus sehen kann. vor allem die salatteller sind einladend ausladend.

wir erinnern uns gerne.

auf dem anrufbeantworter hat ablinger eine nachricht von thomann. sie ist unverständlich.


22. märz 2002

kollege schneider und piringer vergehen vor sehnsucht (saudagio a horizonte) nach der installation. doch bei ankunft wird festgestellt: kein strom, kein licht, chaos, chãos (***). schneider und piringer müssen draussen bleiben (auf anweisung von wientzek, dem eleganten perfektionisten). so lernen sie aber zahlreiche (1) künstlerInnen und drei präsentationsmodi kennen. sie sind beeindruckt, jedoch nicht von den biennale-klos. verhalt, dadurch aber erhöhte konzentration.

pressekonferenz: viele menschen hören einigen (3) menschen zu. diese sind alte und männlich und werden wie immer von einer jungen dame übersetzt. das dafür benötigte konferenzwasser wird von indiofrauen gebracht. hierarchetypen!

geil: ein biennale-skandal bahnt sich an ...
dem sympathischen taiwanesen wird aus einer gemengelage undurchsichtiger gründe das länderschild "taiwan" entfernt und gegen ein schild mit dem namen "taipei fine arts museum" ersetzt. er mag das nicht. war china wieder gemein? wir solidarisieren uns wie sau. er erzählt uns freundlicherweise, dass sein vorname als japanisches wort "penis" bedeutet, was unseren anekdotenhaushalt entschieden anreichert. auf französisch jedoch "hund". das ist aber gar nicht so schlimm - vive la différence.

endlich. der raum geht wieder!

kollege schneider japst im komischen hemd (***). kollegin fürlinger ist manisch sprachlos (***). kollege grenzfurthner schwillt alles (***). ablinger franz ist grade nicht da (***). kollege edlinger kann sich nicht halten. kollegin scharang wirft ein auge in die kamera. kollege gebauer (wir nennen ihn immer jörg piringer) ist entsetzt: seine cd ist nur 10 minuten lang. dabei hat er doch 60 minuten gemacht.
es wird uns kalt in den zähnen und heiß im nabel!
die kataloge sind im gepäck. das gepäck ist in europa. europa ist weit weg und ein teil der eurasischen platte (ohne grönland, das ist zwar teil von dänemark, gehört aber nicht dazu). kollege grenzfurthner ruft bei varig in frankfurt an. er sagt in einem satz 8 mal "verdammt", was nach wolfgang petry klingt. ob sie ihm das abkaufen? kollege edlinger sagt das wort "rechtliche schritte", das hats in sich.

imbiss. grenzfurthner bricht seinen frischorangensaftrekord.
fürlinger erwischt thunfisch. verdammt. sie isst doch keinen warmen fisch. nur sushi. denn sushi wäre abstrakt. es wird ihr nur bedingt zugestimmt. eier wären wesentlich abstrakter. oder soße.

kollege schneider (***) wird opfer einer furchtbaren subjektdekonstruktion, und zwar, weil wer mit dem feuer spielt, darin schlankweg umkommt. ein holländischer typ, beleibt, tauscht mit ihm die identity-card. er ist nun trevor smith, curador. der typ haut ab. das hält man ja im kopf nicht zusammen. schneider, nicht feige, besorgt sich eine neue. er will sich des (anm.: daran knüpfbaren) souvenircharakters nicht entledigen. weichei.

mit monochrom geht es sichtlich aufwärts.

kollege grenzfurthner wird als sogenanntes "scale model" vor den neuseeländischen beitrag (***) gestellt und wird aberhundert male fotografiert. er darf sich lange nicht bewegen und muß sich auf diese weise mit dem werk beschäftigen.
schneider und ablinger gehen währenddessen herum und bedrohen menschen (***).

andreas findeisen - endlich ist er da - erscheint und berichtet von ersten preziosen aus der brasilianischen medienlandschaft: eine neuartige telenovela namens "o clone", "the clone" zieht tag für tag hundertausende zuschauerInnen vor die monitore. im jahr 2200 verliebt sich eine muslimin in einen brasilianer und muss die bekannten probleme mit ihrer familie, der wahrung der ehre, etc. durchkämpfen. die entsprechenden einstellungen spielen in fes (so in der gegend von marokko). kompliziert wird es dadurch, dass es aufgrund von praktiziertem human cloning den mann ihrer wahl in verschieden alten ausgaben gibt. diese begegnungen spielen in sao paulo und rio de janeiro. brasilien ist wieder einmal vorne. da lässt man sich gerne verwechseln.

während dieses tagebucheintrags beobachten wir eine amtshandlung eines bewaffneten uniformierten. geschlechtswilliger freier will dame erwerben, gerät aber an die falsche. verhaftung. wir danken der welt für ihre endlose vielfalt an eindruck.

vier mal alfons hug vor metropolitaner iconographie (selbsterklärend).

essen.
dialog des abends. es dreht sich um das biennale-thema "metropolitan iconographies".
kollege schneider: "es gibt doch auch ideologeme."
kollege findeisen: "na und."
ha ha. alle lachen. aber jetzt weiß niemand mehr warum.

wir vollenden unsere pläne für einer intervention für taiwan. wir schreiben einen text auf einen hotel ca'd'oro notizblock:

we would like to invite you [your country] to donate one letter from your country's name as shown next to or on the outside of your exhibition space to our colleague chien-chi chang from taiwan. the country's name tag 'taiwan' has been removed. let's rebuild it together. please remove your letter from your tag and bring it to the taiwan room (2nd floor,#47).

dieser soll kopiert und verteilt werden. basta.

kollege findeisen wird illegal von kollege schneider in seinem bett aufbewahrt. sie schlafen wie die sphären: teil 2. globen.

träumen. die wissenschaft ist sich aber nicht im klaren, warum eigentlich.


23. märz 2002

der große tag. eigenartige ruhe. selbst die südfruchtpalette auf dem frühstücksbuffet ist nervös. der kaffee schmeckt nach sechs monaten arbeit. wir trinken doch kakao. biokurven oszillieren im sambafieber.

fahrt zur biennale: die stadt ist eine urbane milchhaut (vgl. julia kristeva, die gute).
spiegelfassaden schlucken krawall. juntas geben sich chinchkabel in die hand. stolz und scham.
autotüren hupen öffnung. andrang und auspuff.
zeitlupenwelt.
wir sind eine wolke aus glas.
when i feel like alfons hug, it's raining in my heart.
der beton brabbelt sein ewiges geheimnis vor sich hin, wie ein alter zahnloser französischer maler, den keiner mehr kennt. weniger ist nämlich oft doch nicht mehr.
oh - that good ol' unfähigkeit-gefühle-auszudrücken-thing again!

das biennale-gebäude ist übrigens ungefähr so groß wie eine billion bei plus/zielpunkt teilweise schon verfaulende bananen (etwa 6 fußballfelder und das noch 5 mal) und hat vorerwähnte autorampen bis unter die decke.

landkarte.

das taiwan-problem hat sich nicht gebessert!
nochmal zum mitempfinden: chien-chi chang wurde als offizieller vertreter des landes taiwan von fonsi "vorher war er in moskau am goethe-institut" hug eingeladen. jedoch wurde dann der länderschriftzug "taiwan" von der wand runtergepickt und durch "museum of fine arts taipei" oder so ersetzt. seine protestnoten verhallen ungehugt. vanessa beecrofts stereotype models verlangen seine unteilbare aufmerksamkeit (stundenlange telefonate mit castinginstitutionen).
wie wir von nicht-künstler-nicht-kollegen frank thiel (berliner paradies-icarus) launisch bestätigt bekommen, hat chinas delegation mit abreise gedroht. er ist "dagegen, das noch mal aufzukochen ... alles so kompliziert ... kompromiss gefunden ... bei 80 ländern kann nicht jeder zufrieden sein". er heuchelt desinteresse, ist aber - wie wir später erfahren - haberer vom generalfeldkurator. 1 milliarde menschen plus ein berliner geck können sich wohl nicht irren, hä!?
(exkurs: china weigert sich die staatliche autonomie taiwans anzuerkennen und nervt in dieser frage gerne rum.)
der taiwanesische künstler verschließt seinen raum (***). er hat genug.
die bereits von uns oben erwähnte/gestartete aktion wird durchgezogen.
wir verteilen unsere zettel, die den anderen ländern/künstlerInnen vorschlagen, einzelne buchstaben ihrer ländernamensbeschriftung zu spenden, um das wort "taiwan" wieder hinpappen zu können.
eine lustige meute, bande, horde rast durch die stockwerke. die kameratypInnen erhitzen sich dokumentarisch.
kroatien spendet ein i (***).
kanada ein a (***).
wir ein t (***, ***, ***).
singapur ein a (***).
panama ein n (***).
puerto rico hat zwar kein w, aber sein o kann durch halbierung und nebeneinandersetzung (***, ***) zum w verbraucht werden. (künstlerInnen besitzen nämlich viel fantasie.)
viele andere länder haben ebenfalls donationen zugesagt, sind aber im entscheidenden moment nicht zu hause. viel üppiger und international-solidarischer wäre die aktion ausgefallen, ginge es um trindad und tobago. schade, eigentlich!
chien-chi chang ist gerührt und aus new york. auch seine kuratorin ist ganz aus dem biennale-häuschen.
solidarnosc até o horizonte.
chien-chi affichiert schnell die buchstaben (***, ***).
unter feierlichem getöse (***, ***) eröffnet er seinen (großartigen) raum. händedrücke, kumpeleien, liebe, internationales flair (***).

dann gehts los. mit siebenmeilensandalen.
hier werden noch fenster geputzt, dort noch müll weggefegt, dort kataloge reingekarrt ... während schon kameras sich räkeln etc.
der andrang an prominenzaufgebot brandet wider überforderte ordnerInnen.  reiche, trotzdem schlanke industriefuzzis heucheln kaufkraft, kunstinteresse, gegenwart. ihre frauen heucheln begleiterscheinungen. (***, ***, ***) die werden nachher blasen haben, bei den stöckelschuhen. wir auch.

thomann kommt angeblich aus protest wegen der taiwansache nicht zur eröffnung und sieht sich im hotel den pornokanal an. zdenka meint ihn aber mit alfons hug fuchtelnd in der vip-lounge gesehen zu haben. die erdnüsse haben ihm geschmeckt (man siehts).

noch einige expressionistische impressionen betreffs gewusel:

buntemonotonie auf der südhalbkugel.
der tontechniker macht tontest und sagt beharrlich "testschi! testschi!"; das heißt soviel wie: "geht das mikro? geht das mikro?" (wir lernen die sprache wirklich schnell)
ein festival für taschendiebInnen, die aber leider keine einladung haben.
ab und zu ragt paradiesharpyie frank thiel auf mit seinem komischen kangol-kapperl.
wir fühlen uns wie vor unserer führerscheinprüfung, matura und geburt gleichzeitig.
eine tumorartige menschenmenge streut ihre gutartigen metasten in alle herren kanüle.
filmteams filmem filmteams.

kollegin fürlinger schlägt sich die zehe blutig. auweh. keine performance kann so ergreifend sein.

erste austroeindrücke:
schlangen bilden sich vor uns austrianerInnen.
glockenhelles industriellenlachen erfüllt unseren raum.
ein pastor besieht sich die thomannseele (***) mit theologischer inbrunst. wird er gegenreformieren?
es wird gedeutet, gezeigt, verstanden, gelacht, stirngerunzelt, erkannt und gedacht. (***, ***, ***, ***)
wir strotzen wie die papayas, mangos, concavos und halapas auf dem frühstücksbuffett.
wir sind eins mit uns selbst so wie der sakropopsender, der hier rund um die uhr auf kanal 12 zu empfangen ist (tipp!).

ein paar kommentare:
ein überaus bekannter niederländischer herr kurator (documenta92cokurator) nennt uns unter den ersten 6.
dabei wäre doch schon ein 12. platz eine hervorragende leistung gewesen.
eine argentinische kunstkritikerin, die für eine (laut zdenka) an-anerkannz-nicht-überbietbare internationale kunstzeitschrift (flashart, internationale ausgabe; wie die immer heißen!) rumrennt, findet es das beste stück der biennale. ob sie das jedem/jeder sagt? wir wissens nicht. du?
zdenka redet (ihr job) auch mit vielen leuten. sie ist zufrieden und glänzt wie speckstein. uns gehts gut.
der abend wird ein sexueller und alkoholischer exzess in unseren köpfen.

nach ein paar sekt (***) gehen wir rechts ab, dann immer gerade und links in unsere stammtrattoria.
prost, oder wie auch immer man das sagt.
kollegIn schneider darf erfahren, dass es sich bei dem typ, der seine kennkarte geklaut hat, wahrscheinlich um den bedeutenden holländischen künstler jakob van lieshout zu handeln scheint. erkennungsmerkmal schmerbäuchlein plus nationalität.
unsere unfreiwillige österreichtümelei wird immer freiwilliger.


24. märz 2002

es hat die ganze nacht geregnet. das subtropische klima zeigt, was es drauf hat.

zdenka reist ab: "drama! drama!", das sagt sie sehr oft, rührung. sie ist die beste.

glückliche biennale-fahrt ins unglück.
wir freuen uns auf unbeschwerte nachmittagsstunden in beschwingter smalltalk-atmosphäre. noch dazu mit performancebonbon des findeisen um 17 uhr. indes, da war alf hug vor.

punkt a) taiwan-schild entfernt (***). entsetzen. das heißt die biennale-leitung hat ein kunstwerk zerstören lassen!!! es geht nicht um unser kunstwerk, sondern um eine eklatante grenzüberschreitung. die biennale-leitung hat ihre chance verpasst, halbwegs gut aus der sache herauszukommen. ihre zuständigkeit wäre nicht betroffen gewesen, man hätte es auf die künstlerInnen und ihre fantasie schieben können.
wir sind sauer, aber sauer macht lustig. deshalb wollen wir eine buchstabenausdruckstanzperformance (siehe olympia-eröffnung) machen. und zwar: let's dance the word "taiwan" und dazu "wie ein calafatti auf an praterringlspü, steh i do und i waaas net wie mir gschicht ... badam dadam..." von wolfgang ambros singen.
wir hängen eine ankündigung an den taiwanesischen raum.
innerhalb kurzer zeit erscheint ein fieser typ mit walkie-talkie und macht das schild barsch ab. der arsch! er bewacht den raum. mit unserem schild in der hand. seltsam, aber so steht es geschrieben.
das heißt, die biennale-leitung hat ein kunstwerk zerstören lassen!!! es geht nicht um unser kunstwerk, sondern um eine eklatante grenzüberschreitung. die biennale-leitung hat ihre chance verpasst, halbwegs gut aus der sache herauszukommen. ihre zuständigkeit wäre nicht betroffen gewesen, man hätte es auf die künstlerInnen und ihre fantasie schieben können.

punkt b) der strom, die alte sau! er ist weg! der beste freund des menschen! und dann sowas!
wir gehen panisch herum und von einem kleineren technischen defekt aus. die atmosphäre fällt der seltsamkeit zum opfer. es wundert uns, dass kein hektisches treiben entsteht, sondern gar nichts.
unten sind menschen, sie wissen was los ist. die bedeutende eröffnungskünstlerin vanessa beecroft (von fürlinger, ablinger und schneider forthin beachcropf genannt) macht was. dadurch ist der gesamte ausstellungsablauf unterbrochen. alle leute sollen rausgeschmissen werden, damit die verdammte oligarchie sich kritisch geben kann. niemand wusste das, nachmittags erst von oben herabverordnet.
das heißt, die biennale-leitung hat mehrere kunstwerk abschalten lassen!!! es geht um unsere kunstwerke und außerdem um eine eklatante grenzüberschreitung. die biennale-leitung hat ihre chance, halbwegs gut aus der sache herauszukommen, nicht mal wahrgenommen.
eigentum ist mundraub. wir fressen dem beachcropf-team die hälfte der cateringnahrung weg. mehr ist nicht drin. wir stehlen weiters 6 flaschen wasser. aber es ist jeder person selbst überlassen, was sie in ihrer freizeit tut.
wieder rein, wir dürfen. wir sind verdammt priviligiert, aber drinnen endet unsere macht.
es ist ein securitytechnischer rubik-würfel, der ständig verdreht wird. alfons "kafka" hug ist vielleicht nicht verantwortlich, dass wir uns wie der typ in der geschichte "vor dem gesetz" vorkommen, aber sicher der präsident mit lateinamerikanischem juntaschnauzer (no cliché intended).
[exkurs: kollege schneider fällt vor lachen vom tagebuchschreiberohrensessel. ablinger versteht dies nicht.]
unstimmigkeiten. vorwürfe. schläge.

kollege ablinger und kollege wientzek verlassen angefressen und gleichermaßen hungrig das großbürgerliche trauerspiel.
die restlichen wollen lieber "da" sein.
kollege grenzfurthner und kollege schneider lassen für kamerakollegin scharang im fluffig-uninteressanten wandverschlag des teilweise bedeutenden deutschen künstlers ruprecht "hofrat" geiger die hosen runter, gehen aber nicht bis zum äußersten. kollegin scharang dankt für beschwingt-telegene schamgrenzfurthen.
danach:
eine geschmackserfahrung der dritten art. kollege gebauer (wir nennen ihn immer jörg piringer) kauft nach optischen gesichtspunkten ein caju-getränk.
es schmeckt nach:
- mango
- sesam
- salzgebäck
- pfirsich
- ayran
und
- staub.
ein herber abgang.
wir testen das getränk an unseren kollegen. kollegin scharang und kollegin fürlinger sind zurecht geschamig.

es geht nun echt ans eingeweide. wir sind im 2. stock, dürfen nicht in den 3. stock wo die toiletten sind. und auch nicht ins erdgeschoss. die securitytypen bewachen die abgänge, können kein wort englisch. sie wimmeln jeden ab. kollegin fürlinger schreit ein paar securities (***) zusammen. sie will doch nur aufs klo. langsam reichts.
wir werden nach unten vertrieben und müssen unsere performance canceln, weil unser stock zu dem von uns reservierten zeitpunkt (schon drei tage vorher!!) nicht öffentlich zugänglich sein wird. während wir im biennale-cafe-bereich hocken, wird die beachcropferei aufgebaut.
ein uns bekannter kurator, der tatsächlich manray mit vornamen heißt, hat mit uns die idee für eine unterschriftenliste namens "fuck the organisation". wir unterschreiben alle und fälschen auch eine unterschrift für thomann, der wegen des schlechten wetters im hotel geblieben ist. die subtropen machen ihm zu schaffen.
der sonntag nachmittag ist für viele kuratorInnen und künstlerInnen (auch für unsere gruppe) die einzige möglichkeit, sich nach dem ganzen eröffnungsstress in ruhe die gesamte ausstellung anzusehen. außerdem zieht er traditionsgemäß viele menschen aus der bevölkerung an, die zum teil ganz real vor der halle stehen und nicht eingelassen werden. manray meint, dass das eine ungeheuerlichkeit ist. viele künstlerInnen etc. reisen morgen auch schon wieder ab, zumal am montag noch dazu geschlossen ist. bart, sehr wichtiger kurator aus holland, geht konform. es geht nicht, dass wegen einer künstlerin über 80 andere künstlerInnen ausgeschalten werden.
urbane energien ballen sich zu einem festplattencrash des motzens.

die leute werden auf distanz gehalten, die hofeigene beachcropf-fotocrew muß erst "ihre" bilder schießen dürfen, bis das publikum näher herangelassen wird. kollegin fürlinger ist das alles zu blöd, sie bleibt im cafe.
die performance beginnt, geschiebe.
erste blicke auf nackte frauen mit afros, die aufgereiht da vorne rumstehen müssen, von ferne. kollege schneider weiss nicht, was er davon zu halten hat. scharang, schneider und grenzfurthner starten eine aktion und fragen frauen, ob sie uns irgendwas über die feministische rezeption von beachcropf sagen können. aber die wissen auch nichts. wir werden näher rangelassen. da stehen zahlreiche nackte frauen, die nicht sehr glücklich aussehen. wir findens eigenartig. wir fragen eine frau "how do you feel about it?" -"absolut the sexiest!". ein nichtfreudscher verhörer: sie meint "sexist". die frau heißt dora, likes our project und lädt uns für den abend auf eine party ein.
am schluß müssen die frauen nackt auf dem beton sitzen. das gibt doch blasenkatarrh. wir fragen uns, ob erniedrigung eine geeignete form ist erniedrigung zu kritisieren. eine andere frau meint, dass würde sie jetzt nicht so stören, aber die polizisten, die außen um die nackten frauen rumstehen und gucken wie polizisten, die außen um nackte frauen rumstehen, schon.
kunst auf konzept komm raus?

plötzlich hektik. unsere performance beginnt in mehreren widersprüchlichen zeitangaben.
im endeffekt aber in 3 zigaretten. dabei rauchen doch gar nicht alle.
wir spreaden the word.
gestehte, geschreie, genau.
kollege grenzfurthner ruft marktschreierisch-mondän: "come to see our nice, tiny, cute, itsy, bitsy, teeny, weeny action teaching performance!"
grenzfurthner (***, ***) zieht findeisen seine schwarzen siffshorts über den klugen kopf (***), dreht ihn blindkuhig im kreise, nennt ihn "nice little philosopher from vienna" und bringt ihn unter getöse in den austria-cube.
findeisen bekommt die hose runtergezogen und beginnt sofort zu interpretieren (***).
alle glauben: jetzt ists lustig. aber weit gefehlt. es ist vielmehr wichtig. es kommt eine gekonnt ins strange gedrehte diskursspiriale. sein vortrag ist ein generaldurchmarsch durch die ganze sprache und die gesamte welt, unglaublich! ein pointierte auseinandersetzung mit unserem raum, unserer zeit, dem leben. auf einmal verstehen wir z.b. unseren albernen lenin-schmäh (u.a.) und er ist auf einmal gar nicht mehr albern. wir habens ja immer schon gesagt. danke, andreas. danke, kollege findeisen.

auf einmal steht eine junge frau im raum, sie ist blond und trägt einen jeansoverall und hohe turnschuhe. jemand raunt: "das ist die brasilianische big brother gewinnerin, sie hatte vor laufener kamera sex mit dem sohn des bürgermeisters."
wie gehen wir mit der neuen situation um? wir schenken ihr ein übriges kaktus. das andere kriegt manuel aus ecuador, der uns seine windinstallation erklärt. manuel interessiert sich für skulpturen "aus nichts", das unterstützen wir.
ein big brother-frau-fan filmt die ganze szenerie. der absuritätslevel der situaçion ist total bluna, was soviel wie crazy bedeutet. kollege grenzfurthner möchte sie zwischen a3-ausdrucken seiner verletzten zehe (siehe da) fotografiert wissen.
so soll es sein. dann geht sie.
kollege schneider möchte sie fragen, was sie von der beekrampf-performance hält, aber sie sucht ihren freund.

heimkehrt. aufbruch.
zur party bei dora.
in einem der taxis spielt es derben true (bzw. real, da gehen die meinungen auseinander) metal. kollege gebauer (wir nennen ihn humorig jörg piringer) gesteht, uriah heep gemocht zu haben. das ist kein verbrechen. grenzfurthner mochte judas priest. wientzek yngwy malmsteen. schneider reinhard mey. kollege edlinger analysiert, es wird headgebange emuliert. der taxifahrer fühlt sich gestisch angegriffen und dreht das radio ab. verdammt.

bei der party gibt es viel zu bereden.
wir bringen den leuten wichtige deutsche wörter/gruppen wie "zahnschmelz", "barthaar" und "bist a klassa habara" bei.
es klebt ein gecko an der wand, vorerst von uns für kunststoffzierde gehalten. dann wird er für lebendig erklärt. er ist und gilt als insektenfressender hausfreund. so in etwa wie eine spinne, nur besser.

entsetzen: die biennale wächst in ihrer grässlichkeit. wir erfahren: eine künstlerin aus der türkei wollte ein projekt mit/über slumbewohnerInnen (in den favelas) machen (oder so ähnlich. wir waren schon sehr betrunken, aber nähere informationen werden nachgereicht). jedenfalls sollte es ausgelagert werden, weil der presidententyp mit dem juntaschnäuzer keine favelasachen in der biennale haben wollte. das sei ekelhaft oder so. im park konnte es dann auch nicht gemacht werden, aus bürokratischen gründen. schließlich wurden ihre sachen weggeworfen! das muss man sich durchaus mal vorstellen. das heißt, die biennale-leitung hat ein kunstwerk zerstören lassen!!! usw., waßt es eh!

während des tagebuchschreibens stehlen wir aus der hotelbibliothek ein papst-comic von 1979, es ist totally woytila.


25. märz 2002

langes schlafen.

wir finden einen errata-zettel im biennale-katalog. sowas wie "biennial adheres to one china policy and taipei museum of fine arts is not represenative of taiwan" oder was.
das ist ja wirklich das (vor)letzte. tumulte.

wir gehen in die innenstadt (***, ***) und kaufen tand (***) oder tand (***) oder erbosen touristisch (***). frei nach trödler abraham.
kollege schneider kauft ein fußballmaskottchen weil es nur 2 rais kostet.

sehen ein weder politisch noch ortografisch korrektes gebäude. cia textil nazi chauvie (***).

filmentwicklung unserer bisherigen fotoaufnahmen. herzallerliebst.
danach ins pool wo wir von kollegin scharang interviewt werden. fragen wie "was ist monochrom?" oder "wie fühlt ihr euch?" oder "was haltet ihr von sao paulo?" treiben uns den grammatikschweiß aus den runzeln. schließlich werden wir richtig sentimental und springen ins wasser. dort beginnen wir mit der intonation "schneeweißer new wave schizopunk"-chöre und danken herrn morak mit einem dreifachen schi heil.

danach ins japanische viertel. eine runde tee folgt die andere, dazwischen sushi. kollge findeisen schluckt trotz warnung einen ganzen batzen grünen wasabi. wird er seinen irrtum zugeben? sein geist will nicht aber sein körper schon. huster, härten, hirnflashs.

ein letztes mal in die stamm-trattoria beim hotel. 3 von uns bestellen gleich drei ananas-minz-säfte. die schmecken so echt nach pflanzen. das brauchts.

herr zsutty meldet aus wien per elektropost, er würde mit uns fühlen, das kaltgraue wien vergessen. welch schöne schlafengehenspost.

der heutige tag wurde ermöglicht durch gelder des landes kärnten.


26. märz 2002

herr findeisen entschließt sich freundlicherweise in der bar gegenüber zu übernachten. ein teil des kroatischen biennale-beitrags informiert frühmorgens herrn grenzfurthner, der sich gemeinsam mit kollegen schneider stützend des fallesannimmt.
hotelgerede, legendenbildung. herr findeisen ist freundlich und lächelt, mag aber nicht reden. kollege schneider nimmt aufs zimmer, wo er ihn durch densatz „der sloterdijk ist im fernsehn“ für einen moment in wachzustand versetzt. kollege findeisen reibt sich die augen, lacht verständnisvoll ein halbwelthaftes „ha ha“ und entzieht sich erneut. (***)

aufbruchsperformance.

allein ablinger bleibt allein zurück. der job lockt nach wien. und dann in die schweiz. er vermeldet, dass thomann in taiwan schlagzeilen macht.

kollege wientzek startet seine creditcard-trophy-tournee durch handverlesene bankhäuser. er lernt 12 freundlich-bedauernde bankbeamtInnen und mehrere taxifahrer kennen. die größten erfolge feiert er in der banco do brazil. es hagelt reais.
erstmals wird der wortwitz der „surreais“ öffentlich ausgesprochen. welche schande.

die beiden mietwägen kommen. edle einfalt, stille autogröße.
wir verfahren uns nun erstmals selbst.

sehen bei der biennale nochmal nach de(m?)n rechten.
wollen uns auch unsere kataloge organisieren. die nichtenglischsprechenden damen im shop wollen keine kataloge herausrücken. nur zdenka und thomann stehen auf der liste und dürfen einen erhalten. frechheit. der thomann hat uns in bodenloser asozialität nicht auf die liste gesetzt. so eine unverschämtheit. was tun? wir versuchen mit den shopangestellten zu diskutieren, es funktioniert nicht. wir entschließen uns zu einer list und telefonieren mit der direktion. wir behaupten, thomann wäre rein fiktiv und von uns erfunden. der herr lacht, lässt sich aber überzeugen. wir bekommen die druckware. thomann hat seinen katalog zu diesem zeitpunkt noch nicht abgeholt, wenn er (was wir nicht annehmen) ihn wirklich will, dann soll er selber schauen, wie er ihnen das erklärt.

eine erkenntnis: die elektrik der fensterheber entwickelt geist und content. sie tut nicht was wir wollen, wir müssen sie manuell zudrücken. so kommt die hand erstmals wieder zum technologischen handkuss. eine freude, post-vorsprung durch mechanik.

raus aus der stadt. in zwei motorblöcken. wir versuchen in stundenlanger kleinarbeit, einen konvoi zu organisieren, um gemeinsam zur küste zu entkommen. nach fünf minuten autofahrt verlieren wir einander. tränen des smogs und der ps-schwäche.

na gut. dann solo.

sao paulo denkt nicht daran, endlich zu sein, wir aber schon.

- es ist wie im traum, man läuft weg, kommt aber nicht von der stelle; nur hat man im traum selten ein auto.
- es ist wie man selbst, man kann ihm nicht entkommen.
- es ist wie das guinessbuch der rekorde: unglaublich dick; es auf einmal durchzulesen geht nicht (auch wenn man das bedürfnis hat).
- es ist wie ein freundlicher pilz in einer unfreundlichen welt.
- es ist sie so groß wie 9.350.000 fußballfelder, in bananen ist das eine noch viel ungeheuerlichere summe, die nur stephen hawings sprechcomputer auszudrücken vermag; und auch dies würde 123 mannjahre in anspruch nehmen.
- es ist wie eine öltonnenkatze (***).
- es ist die rache der stadt an den urbanisten.
- es ist ein schönes plattencover (***).
- es ist wie die tatsache, dass in sao paulo ein neuer flughafen gebaut werden musste, weil der alte zugewachsen war. heiliger paulus!
- es ist heiliger paulus.
- es ist so und so weiter.

dann abrupt draußen.

nebel des schauens. links der wunderwald stifters, rechts kinskis verwunschene hänge, ein herzog des chlorophyll. es war wie in dem buch „necronomicon“ des verrückten arabers abdul alhazredpimapetilon, die ziege mit den tausend jungen. sie macht sich als beharrlichkeit des beschaulichen einen faulen lenz. die verlorenen gärten der semiramis (***), der grüne daumen der südhalbkugel. ein gratiseis für den gärtner!

eine fahrt ins ebene. wir wussten es, doch glauben es jetzt nicht.

ihr werden lachen, aber: „land der gegensätze“. der schönste gegensatz ist übrigens derjenige zwischen dem gegensatz von verstädterung und landschaftlicher cinemascopeität und dem gegensatz von reicher dekadenz und armer omnipräsenz. wir denken darüber nach, bis unsere köpfe so groß wie leber sind.

trennbericht:

auto 1: fürlinger, wientzek, findeisen, grenzfurthner, thunfisch, käse, corned beef. notdurft auf der gartenanlage eines baumarktes.

werden ständig von entgegenkommender lawine des verkehrs lichthupisch gefoppt. die scheinwerferInnen sind zu hoch. wir können sie nicht erniedrigen, defekt. wir kleben sie mit schwarzen biennaleklebebändern nieder. technobondage für verkehrsfrieden. es funktioniert. unter uns serpentinen/sepultura, rechts das meer, über uns der mond, der schaut auf uns herunter, obwohl ihn selbst der armstrong nur äußerlich aufgewühlt hat. wir summen einen gleichnamigen text vom kollegen schamoni, dazu gespräche über psychofamiliäre verortungen, den neueuropäischen gedanken und brot. kollegen findeisen und wientzek stellen hinterrücks fest, dass sie unabhängig von einander seit jahren den jazz des pat metheny hörend ehren und analytisch zelebrieren. es ist die geschichte zweier wanderer, die plötzlich merken, dass sie brüder im ohr sind. ankunft in paratii. schlaf, lämmer in unseren hirnen.

auto 2: gebauer (mittlerweiler nur mehr „der jörg“), schneider, scharang, edlinger. wir haben eine cd-maschine an bord und kollege edlinger, ein manischer musikjournalist, cds, darunter „attwenger“ und „diederichsen hört schönberg“. schon kollege nietzsche schrieb: der übermensch trägt seine klimamaschinen immer mit sich rum, oder so. und er hatte recht! tage ohne musik werden in einem feuerwerksähnlichen aufwasch zu einem klump aus gefrorener architektur (kollege[?] schopenhauer) verformt. entspannung durch kurzfristige gruppengesundschrumpfung. niedlicher zwischenstopp mit fisch, pool und ersten moskitos. kollege schneider hat aufgrund eines mehr-halbstündigen bankenaufenthalts mit wechselwilligen dollarnoten seine „kein wunder, dass hier nichts funktioniert“-5-minuten. kann aber mit säften wieder auf globalisierungskritische linie gebracht werden. danke, obst.
brasilianer haben zwar gute ideen - aber die ausführung ist meist nicht so gut (***).


27. märz 2002

freude, als wir uns am abgemachten punkt in paratii wieder in die verschwitzten körper schließen können. mundgeruchswolken gleiten liebevoll ineinander wie feuerquallen.

kontrollierter tourismus bringt frieden hervor.

paratii unkritisch-historisch. ameisen und menschen krabbeln herum, wissen nichts von baudrillard, denken, dass wäre alles ganz normal. welche langen sätze können mehr sagen als „malerisch“. alles ist so menschlich und alt, oh gott, ausgerechnet die beiden qualitäten, aber uns taugts (***). eselskarren holpern über die historizität des pflasters, die ca. noch aus dem 16. jahrhundert stammt und sich wegen einer vorgelagerten insel, sozusagen eine wetterunbillen-brecherin, über die zeit behaupten konnte. garten-edenartig sieht man weder arbeitslosigkeit noch arbeit. denn diese vollzieht sich im stillen. traumhaft.

da wir erfahren haben, dass ca. 93% der bevölkerung brasiliens analphabetInnen sind, wundern wir uns nicht mehr über die geringe dichte der englischsprachigen. unser hotelchef kann aber ganz gut deutsch. ach so. er ist deutscher, seit dreißig jahren hier und erstaunlich beredt.

neu für uns: die kausalkette sonne – sonnenbrand.

dauernde auftragung weißer oberschichten auf körper. die kollegen findeisen und wientzek üben sich in öliger differenz und rötlicher wiederholung.

herr schneider suggeriert eine „große theorie des fakes“ zu haben, rückt damit aber nicht heraus. ist es eine fake-theorie?
ausgelassene gespräche über erstes beichten, erstes wixen, erstes-wixen-beichten und so (***). die protestanten hören zu.

der urlaub ist voll im gehänge.

uns gehts gut und daheim lesen die leut‘.

wir grüßen die, die nicht wissen, dass es was gibt.

auch die kapillare und das universum und das staunen, aus dem wir hoffentlich nie herauskommen.

auf thomann, den beidl. und ablinger, den verlorenen sohn.
 



 

die restliche reise von zwei wochen hieß "urlaub", ein wort so vorurteilsschwanger wie eine blue system platte.

dennoch wollen wir folgende momente hervorheben.

- am karfreitag ist es schön im umfeld der größten kathedrale lateinamerikas zu schlenzen. da ist ein christus-erholungs- und einkaufspark sowie ein unterwasserdings. wir kaufen christliche t-shirts und stirnbänder. kollege grenzfurthner konvertiert zu iron maiden (***, ***, ***, ***, ***).
- autopinkelpausen sind besonders schön wenn man selbstgemachte lieder singt, die man nicht mehr hören kann (***).
- körper und schädel fühlen sich wohl in dachterrassenpools in rio de janeiro (***).
- österreichergang an der copa cabana bestiehlt einheimische touristen (***).
- im urwald, da ist friede (***).
uuund
- sachen gibts, die gibts. deswegen wurde eine uns erzählte geschichte sogleich in einem bänkelsang vertan.
 


--- aus ---