Reaktionen auf Pension MIDI
... im folgenden "Pension MIDI" oder "Level 5" oder "Museum" oder "Ausstellung" geheißen


http://kultur.orf.at/orfon/kultur/010424-5355/5364txt_story.html
ORF ON, 24. April 2001
 


Presse, 30. April 2001
 
 
 

aus dem Gästebuch des Klangturm, chronologisch


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 


 

Außerdem ein kleiner Erlebnisaufsatz mit Fotos vom "monochrom/Euroranch Wanderausflug in die rurale Elektrik".
Zu finden unter dieser Verknüpfung.

Und ...

... folgender Text erschien in "springerin. hefte zur gegenwartskunst" (Herbstausgabe 2001):




Den Raum klanglich füllen
 

Über den wiedereröffneten Klangturm in der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten
 

Petra Erdmann

In der niederösterreichischen Landeshauptstadt St. Pölten hat der Architekt Ernst Hoffmann ein 77 Meter hohes Gebäude aus Eisen, Stahl und Glas gebaut – »als Tor zu einer sich stürmisch ausbreitenden medialen Welt« –, den St. Pöltner Klangturm. 1996 unter der künstlerischen Leitung der Musikerin Mia Zabelka eröffnet, setzt nun der Kulturjournalist Roland Schöny die Programmatik des Hauses fort und übt sich seit April diesen Jahres in der ästhetischen Repräsentation digitaler Sound-files und deren Vermittlung. Installationen und eigens in Auftrag gegebene Kompositionen sollen alljährlich ausgetauscht werden, das Grundprinzip bleibt gleich: Hinwendung zur Elektronik. 
An einem heißen Sonntag im August ist das St. Pöltner Regierungsviertel wie ausgestorben. Im Beamten-Ghetto ist es still geworden. Dieses bizarre Ghosttown-Ambiente bietet wahrlich keinen Anreiz zum »Chillen«. Was bleibt, ist, sich im elektronischen Klangtempel aus der beängstigenden Ruhe herausreißen zu lassen. Was man sich wünscht? Dass einem beim Eintritt in die Ausstellungsräume im besten Sinne Hören und Sehen vergehen mag. Rein in den Panoramalift, der einen mit »heavy-digitaler« Elevator-Music in die sieben möglichen Ausstellungslevels des Klangturms katapultiert. Solche Spielereien suggerieren Entertainment, den Sound als Event. 
Man hört also auch mit den Augen! Blau, Pink, Gelb … die einzelnen Etagen sind nach einem Konzept des Designerteams d+ durch transparente Farbfolien jeweils in ein anderes Licht getaucht, welches das Hörerlebnis vertiefen soll. Auf drei Ebenen verteilt sind die sogenannten »Soundgates«. In jedem »Soundgate« eröffnet sich eine begehbare Kugel, die, versehen mit mehreren Lautsprecherboxen, eine fix verankerte Innenarchitektur für inter/nationale Klangaufträge darstellt. Der Electronic-Musiker, DJ und Betreiber des Labels Cheap, Patrick Pulsinger, hat als erster die drei »Soundgates« mit seiner Komposition »Klangwurst« bespielt. 
»Ob das ein Club, ein Museum oder eine Herrentoilette ist, ist ja von der Herangehensweise egal. Ich versuche, den Raum klanglich zu füllen und den ZuhörerInnen eine Story zu vermitteln«, sagt Pulsinger in Bezug auf seine Arbeit im St. Pöltner Klangturm. Leider reißt Pulsingers schöne »Beat-Story« aufgrund baulicher Gegebenheiten immer wieder ab. Denn bevor man der »Klangwurst« im nächsten Soundgate weiterlauschen kann, müssen die BesucherInnen die eingezogenen Zwischengeschoße absolvieren. Schnell überhört man, dass die Wurst zwei Enden hat: Vorbei an dem gelungenen »Heavy Rotation Revisor«, einem Automaten der Multimedia-Gruppe »Meso\involving systems«, mit dem man laufende Radioprogramme remixen kann. Zwischenstopp bei den zu Instrumenten umfunktionierten Nintendo Game Boys von Christoph Kummerer, Robert Stepanek und Christoph Weber. Das Jahresprogramm des künstlerischen Leiters Roland Schöny präsentiert sich eher zurückhaltend und reduziert, mit viel Ambition und wenig Attraktion – mit einer Ausnahme: »Pension MIDI« – einer Installation des post-dadaistischen Künstler- und Bastlerkollektivs Monochrom. 
Auf Level +5 lädt Monochrom zu einer erfrischenden und ganz undiktaktischen Werk- und Requistitenschau der elektronischen Musikgeschichte ein. Folklore und Techno stehen da ganz nahe beisammen. Im rustikalen Plattenregal stapelt sich luftig Vinyl von Bruce Gilbert bis hin zum Wu-Tang-Clan. Hier lagern verstaubte Geweihe neben einer Vitrine mit dem Titel »Krone der Schöpfung«: Gefüllt ist sie etwa mit Karlheinz Stockhausens Unterschriften, aus dem Netz heruntergeladen und vergrößert, oder mit Verweisen auf den deutschen Krautrock der siebziger Jahre. Daneben protzt ein Dirndl auf einem Kleiderständer, und das Lebkuchenherz titelt mit Zuckerguss »Daft Punk«. Ganz in der Nähe kann man sich an dem Atari-Pionierspiel Pac Man zu schaffen machen oder einen Roland TR 505 malträtieren. Musikantenstadl-Chef Karl Moik grüßt vor einer Skyline auf einer Ansichtskarte: »Jeder kann elektronische Musik machen«, und zwei gerahmte Gartenzwerge, die neben einem Ölschinken mit bäuerlichem Motiv (einer Leihgabe des Niederösterreichischen Landesmuseums) hängen, verkünden: »Ja, ich freue mich auf K & D«. 
Kruder & Dorfmeister sind das österreichische Vorzeige-Duo auf dem internationalen Down-Tempo-Boden. Steht die Luxus-Marke K & D für die Global-Player eines innovativen Technologie-Kults? Sind sie in der »Pension MIDI« als abgehangener Beweis eines pop-technischen Fortschrittsglaubens katalogisiert oder doch eher als Mythos, der den Nationalstolz nährt und deshalb als Phänomen mit viel Trachten-Outfit und kalkuliertem Heimatmuseumsmief umgeben werden muss? Monochrom haben in der »Pension MIDI« ein kluges offenes Tänzchen rund um die Zuschreibungen von elektronischer Musik veranstaltet – eine Installation, die im Gewand einer bestens präsentierten Regionalismus-Parodie daherkommt. 
In der ländlichen Realität hätte der Standort St. Pölten zumindest einen Heimvorteil für die dort ansässige »elektronische« Clubszene ergeben können. In der Region, in der die DJ-Locations ohnehin schon dünn gesät sind, wurden nun auch die vormals im Klangturm veranstalteten »DJ-Nights« zum Testlauf in die benachbarte Shedhalle verlagert. Der Klangturm, das Künstlerkollektiv la musique et sun (lames) und das proton, der örtliche Verein zur Förderung der Urbankultur, treten dabei gemeinsam als Veranstalter in Aktion. Derzeit ist die lokale Dancefloor-Praxis stillgelegt. Die Shedhalle wird umgebaut und im November 2002 feierlich der Hochkultur, dem NÖ Landesmuseum, übergeben. Und bald werden Postings in Webforen wie das folgende sang- und klanglos verschwinden: »hi, i'm rokker007, this club /Shedclub/ is a place where you can come hang out, you don't need to talk about mountain biking …« 

http://www.klangturm.at 
http://www.monochrom.at 
http://www.cheap.at 



 


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