Georg Paul Thomann/Frank A. Schneider:
Die offene Gesellschaft und ihre Feinde

Postkartenaktion an der Bamberger Universität (2000)


Als einzige Aktion der Gruppe „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ wird die „Proto-Mail-Art-Aktion“ (Schneider während einer Podiumsdiskussion im Wiener Depot) „Are you ready for >>Die offene Gesellschaft und ihre Feinde<<“ durchgeführt; hierzu werden mehrere hundert Gratis-Motivpostkarten, wie sie in der Bamberger Innenstadtmensa (wie an vielen anderen deutschen Universitäten auch) in einem eigens eingerichteten Postkartengestell ausliegen, entwendet. Ingesamt handelt es sich um drei differierende Motive („Stell‘ Dir vor es ist Uni und keiner geht hin“, „Internationales Management“ und „Ein offenes Betriebssystem hat nicht nur Vorteile“; letzteres eine Werbepostkarte von Microsoft, die beiden ersten GewinnerInnenarbeiten eines studentischen Gestaltungswettbewerbs). Die entwendeten Postkarten werden verfremdet mit jeweils 3 Frontseitenaufklebern und einem Rückseitenaufkleber, der die präparierte Karte als Kunstwerk bzw. Multiple ausweist und Informationen zum Werk enthält: Urheber (Thomann), Titel („Sympathy for the >Die offene Gesellschaft und ihre Feinde<!“; „Gimmie Gimmie Gimmie >Die offene Gesellschaft und ihre Feinde<!“; „Paint it >Die offene Gesellschaft und ihre Feinde<!“), Herstellungsjahr, verwendete Materialien sowie den fiktiven Preis von 50 DM.
Die Aufkleber stellen dabei kritisch Bezug zum Golfkrieg her („Die gegen den Irak verhängten Sanktionsmaßnahmen vernichteten nach internationalen Schätzungen ca. 0.5 Millionen Feinde der offenen Gesellschaft im Alter von 0 bis 14 Jahre. Das wird den übrigen 3,5 Milliarden Feinden der offenen Gesellschaft eine Lehre sein!“) sowie auf das von Karl Popper geprägte Schlagwort von der „offenen Gesellschaft und ihren Feinde“  („Gemeinsam sind wir prima: >Die offene Gesellschaft & ihre Feinde<“; „>We’ll begin bombing in five minutes!<“; „Die offene Gesellschaft dankt dem Araber für jahrelange treue Feindschaft“ etc.)
Da die Kästchen des Gestells mit dem darin befindlichen Motiv überblendet sind, und man/frau also nicht sehen kann, was sich im Kästchen befindet, stellen Schneider und Thomann die präparierten Karten wieder ein. Auf diese Weise gelangen ca. 2000 Postkarten in Umlauf.
„Wir haben über einige Wochen hinweg die Karten aus den Ständern entfernt und zuhause oder im Café mit eigens dafür hergestellten Aufklebern versehen und die so präparierten Karten wurden wieder eingestellt. Das ist ein dankbares Material und liegt zudem noch kostenlos auf.“ (Schneider während der Podiumsdiskussion)
Nach der offiziellen Beendigung der Aktion schreibt Thomann einen Brief an den Bamberger Universitätsrektor Prof. Dr. Ruppert, in dem er sich von den mit seinem Namen signierten Postkarten distanziert und erklärt, nichts damit zu tun zu haben. Zwar habe er sich in Folge des ihm gewährten Stipendiums zu diesem Zeitpunkt in Bamberg aufgehalten, die Postkarten-Aktion sei jedoch ohne sein Wissen und seine Erlaubnis durchgeführt worden. Er fordert die Bamberger Universitätsleitung daher auf, diese widerrechtliche Verwendung seines Namens in Zukunft zu unterbinden, indem die Karten entfernt werden sollen, was seines Erachtens Aufgabe des Hausmeisters sei. Zudem sei diese Aktion ohnehin nur das Plagiat einer von Thomann selbst im Herbst 1985 an der Wiener Universität durchgeführten Aktion, bei der er gefälschte Mensa-Essmarken verteilt habe, die auf der Rückseite mit dem Namen Nam June Paik signiert waren.
In einem zweiten, anonymen Brief an Ruppert fordert Schneider diesen auf, ihn zu exmatrikulieren. Weiters enthält der Brief Hinweise zur Auffindung des Urhebers (u. a. die Quersumme von Schneiders Immatrikulationsnummer-Abschnitten). Es kommt leider zu keinem vernünftigen Universitätsskandal.


Postkarten Vorderseite:


Postkarten Rückseiten-Etikett:


Thomanns Brief an Prof. Dr. Ruppert


Die Postkarten können für ATS 7 (DEM 1) pro Stück bezogen werden.