Kråke Mikunda - die
Transkription der Rede für Oktober 2002!
[Kråke
betritt nach mehreren Handshake-Runden durch das Lokal B72 die Bühne.]
Liebe Wählerinnen,
liebe Wähler, liebe Unterhaltungsnehmer und Unterhaltungsgeber!
[Eine Dame aus dem Publikum
überreicht Kråke Mikunda ein Baby.]
Vielen Dank für
diesen herzlichen Empfang, hier im b72. ich hoffe, Sie hatten bis
jetzt einen angenehmen Abend.
Falls man das von weiter
hinten nicht so genau erkennen kann, möchte ich Sie gleich
beruhigen: das ist kein echtes Baby [Kråke klopft dabei als
Beweis mit dem Kopf der Puppe auf das Rednerpult], denn dies ist
weder die Zeit, noch der Ort für ein kleines Kind. da sind
wir uns ja alle einig. Vielleicht finden Sie die Szene mit der Kindesüberreichung
ja auch unglaubwürdig. aber Sie würden staunen, wie oft
mir in letzter Zeit Babys überreicht worden sind. Ist das nicht
der größte und rührendste Vertrauensbeweis, den
eine Frau einem Politiker erbringen kann? und auch wenn’s
diesmal gestellt war, so bin ich der Ansicht, dass uns diese Babypuppe
als Symbol dienen kann und muss. So wie ein Baby noch nichts über
die Welt weiß, so wissen auch Sie nichts über mich und
meine neue politische Bewegung. Ich würde mir wünschen,
dass Sie die kommenden 6 Abende unserer Veranstaltungsreihe mit
den neugierigen Augen eines kleinen Kindes verschlingen. Setzen
wir die Puppe einfach hier hin [setzt die Puppe aufs Rednerpult,
die Puppe fällt runter]. Oje!. Das wollte ich nicht. Zum Glück
ist nichts passiert und ein Bissl Dreck ist in der Kindheit gut
fürs Immunsystem. [irgendwer hebt die Puppe wieder auf]
Danke!
Vielleicht darf ich mich kurz vorstellen und kurz erklären,
um was es hier geht:
Mein Name ist Kråke
Mikunda. ich bin der Vorsitzende der Bürgerliste LHL. Wir von
der Bürgerliste LHL wollen hier im b72 sechs Informationsveranstaltungen
abhalten, die Ihnen einen möglichst guten Einblick in unser
Programm geben sollen. ich bin mir sicher, dass Sie bald feststellen
werden, dass unsere klare Linie, unsere durchdachten Strategien
und unsere Haltungen sich stark von denen herkömmlicher Parteien
unterscheiden, und dass Sie sich sehr bald damit identifizieren
werden.
Denn das Menschliche Gehirn arbeitet ja im Prinzip wie ein Computer:
Eingabe - Verarbeitung -Ausgabe. Und wenn das Programm stimmt, dann
kommt auch immer dasselbe dabei heraus. und deswegen ist ein Konsens
möglich. Deswegen bin ich für jedermann wählbar und
nicht nur für eine bestimmte Schicht oder Menschen einer bestimmten
Gesinnung. Was zählt sind nicht Begriffe wie "links"
und "rechts". Diese Begriffe sind veraltet. ich biete
einfach nur den optimalen Weg für unser Land - nicht mehr und
nicht weniger. Das ist die eigentliche Aufgabe der Politik! Leider
ist das vielen Politikern aber auch Wählern viel zu wenig bewusst.
Leider wird in Österreich immer noch viel zu viel polarisiert.
Und das, obwohl wir doch alle in einem Boot sitzen. Kein Wunder,
dass man als Politiker in Österreich mit einer hohen Politikverdrossenheit
konfrontiert ist. Ich merke das sehr deutlich, wenn ich mit den
Menschen auf der Straße rede und das tu ich mehrmals täglich.
wenn Sie heute jemanden auf der Straße nach seiner politischen
Haltung fragen, was wird er dann sagen? "Is ma wurscht",
"des sind doch ollas Oaschlecha". _Das_ werden Sie hören.
und da kann ich nur sagen: Sie haben recht!! Die vielzitierte Politikverdrossenheit
der Österreicher besteht vollkommen zu Recht! Die klassische
Politik, so wie Sie momentan im Wahlkampf wieder sehr stark zu beobachten
ist, geht am Wähler vorbei! Überall wird gelogen, polemisiert
und an den wahren Problemen vorbei geredet! Es ist doch heutzutage
jeder ratlos, der ein Wahllokal betritt. Mir ist es ja genauso ergangen.
Ich bin ja nicht als Politiker auf die Welt gekommen. Ich habe angefangen
als Fernsehsprecher bei einem Lokalsender hier in Wien. dann hab
mich selbstständig gemacht. und da hab ich gemerkt, dass einiges
faul ist in diesem Land. Bürokratie!
Untragbare steuerliche Belastung! Unzureichende Infrastrukturen!
Um nur drei Beispiele zu nennen. es liegt einfach in meiner Natur,
die Dinge bei der Wurzel zu packen. Deswegen habe ich beschlossen
in die Politik zu gehen. Und so habe ich diesen Sommer die Bürgerliste
LHL gegründet.
Nun fragt mich ein jeder,
wo wir uns auf der politischen Skala befinden. Die Antwort ist wenig
überraschend: in der MITTE. Und zwar genau in der Mitte. Nun:
das behaupten heute fast alle Parteien. Und doch ist in der Mitte
noch ein Platz frei. Wir sind nicht Mitte rechts, wie die ÖVP
und nicht Mitte links, wie die SPÖ. sondern die "absolute
Mitte". Die absolute Mitte ist ein Punkt auf der politischen
Skala, der, ähnlich wie der absolute Nullpunkt der Temperatur,
nie exakt erreicht werden kann. das liegt daran, dass das Modell
einer eindimensionalen Skala von links außen bis rechts außen
[Strich auf dem Flipchart], nicht ausrecht, um die gesellschaftlichen
Realitäten abzubilden. in Wirklichkeit ist das alles furchtbar
kompliziert. In Wirklichkeit braucht es ein komplexes, unförmiges,
mehrdimensionales Gebilde, um abzubilden, welche Vorstellungen in
den Köpfen der Österreicher umherschwirren [zeichnet wirres
Gebilde am Flipchart]. Wer kann hier schon sagen, was die Mitte
ist? Zum Glück haben wir heute die modernen Methoden der Chaostheorie,
damit wir uns auch bei solchen Gebilden an die absolute Mitte annähern
können. Mir ist kein Politiker in Österreich bekannt,
der diese hochkomplexen Gleichungssysteme auflösen kann. bis
auf einen. Nämlich mich. Ich war schon in der Schule immer
der Beste in Mathe und hab auch einen Wettbewerb vom Land Niederösterreich
gewonnen. Das ist das Geheimnis meines sich bald einstellenden Erfolges.
In der Mitte dieses imaginären Körpers habe ich die minimale
Entfernung zu jedem von Ihnen! Und das ist es, was Wähler letztlich
wollen. Sie wollen sich dem Gewählten nahe fühlen. Oder?
Tja, weil wir gerade
beim Thema "Wählen" sind: leider dürfen wir
bei den Nationalratswahlen im November nicht antreten. Wir haben
die notwendigen 2600 Unterstützungserklärungen nicht rechtzeitig
zusammen bekommen. Das liegt schlicht und einfach daran, dass wir
noch nicht bekannt genug sind. Die amtierende Regierung hat uns
mit ihrer plötzlichen Auflösung einen ziemlich dicken
Strich durch unsere Wahlkampfplanung gemacht. Es würde mich
nicht wundern, wenn sie das absichtlich getan haben, denn es ist
vollkommen klar, dass sich die großen Parteien vor uns fürchten.
Sie wissen, dass uns die Zukunft gehört und Ihnen nur die Gegenwart.
Diese Schlacht haben sie noch einmal gewonnen und das tut mir nicht
nur für mich, sondern auch für Sie aufrichtig leid. Aber
ich verspreche Ihnen eines: spätestens bei den Wiener Gemeinderatswahlen
2006 sind wir dabei. und ich sage bewusst "spätestens",
weil die Lebensdauern der Koalitionen zwischen den vier Großen
immer kürzer werden. Wenn die nächste Regierung zerbricht
werden wir darauf vorbereitet sein! Ich werde schon noch früh
genug IHR Kanzler, ein Kanzler der Herzen! außerdem können
wir auch außerparlamentarisch viel erreichen, indem wir auf
die Menschen zugehen, mit Ihnen reden und mit Ihnen gemeinsam was
auf die Beine stellen.
In diesem Zusammenhang
finde ich es vor allem wichtig, junge, kreative Leute zu fördern,
die noch ihren Platz in der Gesellschaft suchen. deswegen habe ich
6 Musikergruppen ausgewählt, die ich für besonders talentiert
halte. Ich möchte diesen Menschen die Möglichkeit geben
hier bei mir aufzutreten und mal so richtig zu zeigen, was Sie können.
Das gibt ihnen die Chance die sie brauchen, und für mich ist
es eine Aufwertung meiner Kampagne, weil für Sie dabei ein
mehrwert an Unterhaltung herausspringt. Politik und Unterhaltung
ist nicht länger ein Gegensatz. Den Auftakt machen heute Matthias
Kertal und seine Kolleginnen, auf die ich mich schon sehr freue.
Aber nicht nur Musiker kriegen eine Chance bei mir. es gibt noch
viele andere junge Initiativen in denen ein mächtiges Potential
steckt und die nur auf ihren Durchbruch warten. Als erstes Beispiel
möchte ich euch heute das Meinungsforschungsinstitut "Gold
Extra" präsentieren. Ich persönlich bewundere und
unterstütze diese vor unbeugsamem Idealismus strotzenden und
hingebungsvoll von ihrer Arbeit im Dienste der Wissenschaft und
letztlich der Wahrheit selbst getriebenen Damen von Gold Extra von
ganzem Herzen. Denn es ist sehr wohl ein Problem in diesem Land,
dass die alteingesessenen Meinungsforschungsinstitute diese unparteiische
Haltung oft ein wenig missen lassen. Was liegt also näher,
als Gold Extra damit zu beauftragen zu erforschen, wie Kråke
Mikunda bei den Österreichern und Österreicherinnen ankommt,
und das Ergebnis hier und heute live zu präsentieren? Ich fürchte
mich nicht vor der Wahrheit! Begrüßen Sie mit mir die
unbestechlichen und bezaubernden Mitarbeiterinnen von GOOOOLD EXTRAA!!!!
[Dr. Sonne und Dr. Aiche
von Gold Extra betreten die Bühne.]
Ich bin schon gespannt
was Sie über mich zu berichten wissen. Haben Sie denn auch
herausgefunden, dass ich Ally MacBeal mag - obwohl sie so schlimm
hungert? Ich bin auch der Vorsitzende des Terry Pratchett Fanclubs
Österreich. Manchmal schätze ich es Tontauben zu schießen,
da gönne ich mir ein Laster. Ab und an blättere ich einfach
nur so im Brockhaus und zappe auch einfach so im TV - obwohl ich
lieber mit Fernsehprogramm fernsehe ... ich schätze den feinen
Humor von Jack Lemmon ...
[Mikunda wird freundlich
von der Bühne gewiesen]
[Gold Extra präsentieren
ihre Forschungsergenisse zu Kråke Mikunda, diese fallen äußerst
positiv aus.]
Kråke: Danke Gold
Extra!
Politik is skateable!
Und das meine ich ernst.
"So jung komma nimma
mehr zsamm" - ein Spruch, der nicht nur von meiner Elterngeneration
gesagt wurde, sondern auch ich sage ihn und ich habe ihn auch einmal
von Gymnasial-unterstufen-Schülern in einer Wiener U-Bahn gehört.
Aber was deutet und BEdeutet er?
Unsere Welt ist im Fluss,
auch wenn man nicht zweimal in den selben Fluss steigen kann. Flexibilität
bewahren, Zukunft schaffen. Und das geht nicht ohne die jüngere
Generation.
Ich stehe mit meiner
Politik für eine aktive Jugendkultur ohne wenn und aber. Heute
Abend möchte ich Ihnen beweisen, dass das kein Lippenbekenntnis
ist. jeder Politiker heftet sich gern auf die Fahnen, etwas für
die Jugend zu tun. doch in Wirklichkeit ist "Jugend" für
die etablierten Parteien nur "das Jung-sein mit sechs Buchstaben"
aus dem Kreuzworträtsel.
Und auch wenn man diesen
Politikern statistische Daten über Arbeitslosigkeit, Drogenmissbrauch,
Kriminalität, und andere Probleme, die einen Jugendlichen heute
gefährden, vorlegt, so klafft doch immer ein tiefes Loch zwischen
der Erkenntnis der Fakten und der Einsicht über die Ursachen
dieser Probleme. Aber diese Einsicht wäre so verdammt wichtig!
nur wer die Jugendlichen versteht, wird ihnen helfen können.
weil sich junge Menschen auch nicht von jemandem helfen lassen wollen,
der nicht weiß, was Counterstrike, Java Script oder "Snoop
Doggy Dog" ist.
Auch heute noch ist es
so, dass niemandem über dreißig über den Weg getraut
wird. einzige Ausnahme sind die Stones. VIELLEICHT noch Santana.
Aber das war es auch schon.
Das tiefe Verständnis
für die Gedankenwelt eines Jugendlichen lässt sich nur
durch ständigen Kontakt aufbauen. das ist harte Arbeit und
braucht einen ganzen Mann. Ich stehe in ständiger Verbindung
mit
dem Elternverein Purkersdorf,
dem Forum Politische Bildung,
dem Institut für Freizeitpädagogik / Wien,
dem Institut für Suchtprävention / Wien,
dem Katholisches Jugendwerk Österreich,
dem LandesJugendreferat Steiermark,
der Koordinierungsstelle für Informations- und Kommunikationstechnologien
in der außerschulischen Jugendarbeit,
dem ÖGB - Jugendreferat OÖ,
der Österreichischen AlpenvereinsJugend,
der Wiener Graffitizentrale und dem
Ernst Kirchweger Haus.
Weiters besuche ich öfters
den Plattenladen Rave Up und auch das Quartier 21 im Museumsquartier.
Ich bin auch gerne im
Flex, obwohl ich finde, dass von Thomas Eller hier einiges an wirtschaftlichem
Potential vergeben wird, bitte - das sagen führende Expertinnen!
Ich stelle mich hier gerne der Diskussion. Ins U4 gehe ich nicht
mehr, das ist ja eher nicht mehr wichtig. Um das BACH ist es mir
jedenfalls schade, da hab ich einmal einen guten Cocktail getrunken.
In meiner Jugend hatte
ich einmal auch etwas längere Haare. Jeder Generation
ihre Neigungen!
Ich spreche gerne über
meine Definition von "Vibes". Diese sind wichtig, nicht
nur in Musik und Trend, sondern auch im politischen Gefüge
der Republik Österreich. Wie ich einmal gesagt habe: "Hip-Hop
statt Hick-Hack!".
Aus meinem Erfahrungsschatz
weiß ich heute, dass es vor allem eine zentrale Ursache für
das Scheitern vieler Jugendlicher am steinigen weg ins Erwachsen
werden gibt: mangelnder Unternehmergeist!
Ein Problem, das in Österreich
schon seit Menschengedenken von Generation zu Generation weiter
geschleppt wird und auch massive Auswirkungen auf das spätere
Erwachsenenleben hat. ein junger Mensch kann nicht früh genug
anfangen zu denken wie ein Unternehmer. denn in Wirklichkeit IST
jeder Mensch ein Unternehmer. im einfachsten Fall handelt es sich
um ein Ein-mann-oder-frau-Unternehmen. Jeder muss lernen Verantwortung
für sich selbst zu tragen, sich selbst am Arbeitsmarkt oder
auch im Privatleben zu vermarkten, stets das beste zu geben, zu
wissen wo er oder sie hin will.
Deswegen würde ich
Ihnen, meine Damen und Herren, gerne diesen Satz einpflanzen und
auf den Weg mitgeben: ICH BIN UNTERNEHMER.
Verinnerlichen Sie diesen
Satz!
Jetzt werden wir sehen,
ob Sie mir überhaupt zuhören....
[Mikunda geht ins Publikum.
Er bitte die Wählerinnen und Wähler „Ich bin Unternehmer“
zu sagen. Einer sagt aber „Ich bin Asozialer“. Mikunda
bittet ihn sofort auf die Bühne.]
Jetzt sag ich Ihnen eh
schon vor, was Sie sagen sollen! Trotzdem arbeiten Sie dagegen.
Vermutlich, um mich zu hänseln. aber das wird Ihnen nicht gelingen.
denn was ist passiert: durch ihre kontroversielle Antwort sind Sie
aufgefallen. Sie haben Aufmerksamkeit auf sich gezogen - haben sich
vermarktet! Und das ist genau der Unternehmergeist, den ich sehen
will. Ich bin vollauf zufrieden. und deswegen bekommen Sie zur Belohnung
eine Kråke-Mikuda-Baseball Kappe! Herzlichen Glückwunsch!
Schönen Abend noch!
Früher wollten die
Kids Astronaut werden, heute wollen sie Broker sein, sie stehen
auf Yahoo-Aktien und der Dow Jones ist für sie - neben ihrer
Gang - das Wichtigste auf der Welt. und das ist für mich das
entscheidende Kriterium: hat der Mensch einen Plan vom Leben oder
nicht? Wenn ja, dann wird sich auch alles zum Guten wenden. wenn
nein, dann braucht er oder sie auf deutsch gesagt einen Tritt in
den Arsch. Und das meine ich jetzt nicht böse, sondern im positiven,
väterlichen oder kumpelhaften Sinne. meistens ist es so, dass
mangelnder Unternehmergeist von falsch verstandener anti-autoritärer
Erziehung herrührt. _natürlich_ müssen Eltern auch
autoritär sein! Kinder brauchen Grenzen! Ein freundliches,
elterliches Schengen. und hier ist die entscheidende Frage, wie
man auf solche Grenzen aufmerksam macht. Da wurden in der Vergangenheit
von Eltern die meisten Fehler gemacht. Und deswegen ist Autorität
so in Verruf geraten. als positives Beispiel möchte ich in
diesem Zusammenhang Bill Cosby nennen. aber leider haben nicht alle
Menschen in Österreich so viel Fingerspitzengefühl bei
der Erziehung wie er. Und
deswegen gibt es in Wien auch so viele Punks.
Das soll jetzt nicht
missverstanden werden. Jeder Mensch hat das gute Recht ein Punk
zu sein. Die Punk-Kultur ist in den Siebzigern in England entstanden.
die damalige Politik der Margret Thatcher hat zur Verarmung vieler
Jugendlicher geführt. Zurecht wandten sie sich von der Gesellschaft
ab und provozierten durch ihr ungustiöses Aussehen.
Wenn die Erziehung der
Eltern versagt, dann ist die Politik gefordert, um als Fangnetz
zu agieren. fehlt dieser wichtige Fallback-Mechanismus, dann heißt
es für die Jugendlichen "no future!".
Ich will, dass es in Wien keine "echten" Punks mehr gibt.
genauso, wie ich will, dass es in Wien keine Obdachlosen, die so
genannten "Sandler", mehr gibt. diesen Menschen muss und
kann geholfen werden. die /Kultur/ der Punks, ihre wundervolle Musik,
die soll aber weiter leben. Drum sage ich: /repariert/, was euch
kaputt macht!
Und wenn sich jemand
so anzieht wie ein Punk, weil ihm das eben gefällt, dann finde
ich das okay. ich habe ja selbst ein Bauchnabel Piercing. das soll
aber nicht als Anbiederung verstanden werden. das war für mich
eine ganz private und intime Entscheidung. ich zeigs jetzt auch
nicht her.
Viel lieber prämiere
ich jetzt den Gewinner meines Aufsatzwettbewerbes zum Thema "Repräsentative
Demokratie - Cool as Hell". unter den vielen fabelhaften Zusendungen,
die ich bekommen habe, einen einzigen herausragenden Literaten zu
bestimmen, hat mir mehr schlaflose Nächte beschert, als ein
paar Millionen Euro Staatsschulden mehr es getan hätten. das
war natürlich nur ein Scherz. aber schwer wars schon. der Gewinner
ist...
MARIO MICHLITS !!!!
Bitte auf die Bühne!
[Mario Michlits kommt
auf die Bühne und verliest seinen Aufsatz.]
Mario: Stelle sich jeMenschd
vor, der König von England kommt in eines/r Bürgers/Bürgerin
Haus, setzt sich auf den Fauteuil und macht sich ein Dosenbier auf.
Unmöglich, wird Mensch sagen, Könige haben bei uns doch
nichts mehr zu melden, sie dürfen vielleicht noch um den sechsten
ersten Weihrauch verteilen und Euronen für gute Werke sammeln.
Richtig, aber warum sind wir in dieser beneidenswerten Lage?
Oder Mensch nehme ein schweineförmiges Nachbarland, blicke
in ein repräsentatives Kanton, vielleicht das Engadin, und
wundere sich über eine Volksinitiative zur Ersetzung des zweiten
Partizips durch den Infinitiv, die aufgrund überzeugender aber
volksverblendender Argumentation der InitiatorInnen mit 51% umgesetzt
wird. „Wir haben einen Fehler gemacht“, werden die Befürworter
vielleicht insgeheim eingestehen. Aber dann ist es zu spät.
Im schnitzelförmigen Heimatland unmöglich, klar doch!
Denn wir leben in einer repräsentativen Demokratie, dieser
grekolatinen Wortkreation, die uns seit gut 50 Jahren das Leben
versüßt. Demokratie, weil wir alle das Sagen haben, repräsentativ
weil wir verblendungsresistente Vollprofis an unser statt die Entscheidungen
treffen lassen und uns keine Gedanken machen müssen, ob Dativ
oder Akkusativ, oder vielleicht sogar beides, ob StrichPunkt oder
Semikolon. In diesem Sinne, Nationalratswahl rulez, Regierung kicks
ass und you nasty Aristokratie go home!
[Applaus]
Kråke: Bravo! Der
Preis ist übrigens mit 21,8 Euro dotiert. das entspricht nämlich
genau 300 Schilling. ABER: Sie sollen nicht ein Verlierer, sondern
ein Gewinner der Euro-Umstellung sein. deswegen runde ich auf, auf
glatte 22 EURO!! Bitteschön!
Was wirst du mit dem
Zaster machen?
Mario: Ich investiere.
[Mario verlässt
die Bühne.]
Mikunda: Wir sind ja
alle Antifas und Globalisierungskritiker. Die Zeiten wo ein
junger Mensch daran gemessen wurde, was er im Krieg geleistet hat,
die sind lang vorbei. Aber heutzutage kämpfen wir an einer
anderen Front. Es ist zwar durchaus ok, ab und zu abends nur ans
Vergnügen zu denken - schließlich ist uns die Gastronomie
auch ein wichtiger Wirtschaftszweig - aber die zentrale Frage muss
uns immer vor Augen bleiben: Was leiste ich für den Standort?
Und da gefällt es
mir sehr, wie viele junge Leute heute ihren Spaß mit dieser
Frage verbinden. Wo das Ausgehen nicht nur ein besinnungsloses Sich-vollaufen-Lassen
ist, sondern ein Projekt, wo Leute was auf die Beine stellen, einen
Club organisieren, dafür Werbematerial verteilen und Promotion
machen, als DJ auftreten und dabei nicht einfach ihre Lieblingsplatten
abspielen, sondern richtig eine Kunst daraus machen, eine Profession,
wo andere Leute dann was dafür zahlen, sodass Sie damit ihr
Geld verdienen können.
Ich glaube dass Österreich
mit seiner elektronischen Musikszene ein ganz ganz großartiger
Brandingerfolg gelungen ist, den man nicht oft genug als Vorbild
hinstellen kann und soll - dafür, wie es laufen kann und wie
es letztlich laufen muss in unserer heutigen Welt. wenn junge Leute
schon in jungen Jahren mit kleinen Initiativen beginnen, das kann
ein Fanzine sein, eine Kabarettgruppe, ein kleiner Club, da lernt
man die Sachen, die später wichtig werden - oft wird auch aus
einer kleinen Spaßinitiative einmal ein profitables Business.
und genau solche Leute brauchen wir.
Die MCs von heute sind bald die CEOs von morgen. Sie tauschen ihre
Mikes, nicht unbedingt ihre Meinung.
Mein politisches Programm
scheint einfach, ist aber die Lösung für viele Aufgaben
- es gibt nämlich keine Probleme, nur Aufgaben. Unser Land
ist ein großartiges Land, unsere Welt ist eine großartige
Welt. Lassen Sie es mich anhand eines Beispiels erklären: Mit
11 Jahren habe ich angefangen zu rauchen. Ich bin nicht stolz darauf.
Damals jedoch dachte ich, ich könnte meinen Schulkollegen und
Schulkolleginnen damit beweisen, wie weit ich Ihnen voraus bin.
Mit 16 ist dann Gott sei Dank die notwendige geistige Reife eingetreten
um zu erkennen, was ich meinem Körper da fünf Jahre lang
angetan hatte. Und was das gekostet hat! Zwei Packungen Zigaretten
am Tag! Da hätte ich mir etliche Platten oder Bücher kaufen
können! Kinder und Jugendliche können heute aus meinem
Fehler von damals lernen. Deswegen verteile ich Röntgenbilder
von meiner Lunge vor Schulen. Die Reaktionen sind verblüffend.
Ich sage immer: Jeder
hat das Potential zum Bürger!
Ich hoffe, dass auch
Jugendzeitschriften wie "Pop Rocky" oder "Bravo Mädchen"
oder "Murder Dog Magazine" einmal schreiben werden: "Der
Politiker Mikunda ist hochsympathisch." Lassen Sie mich dazu
beitragen.
Ihr Unbehagen ist mein
Unbehagen.
Die Zukunft hängt voller Chancen.
Für den heutigen
Abend habe ich aus verschiedenen musikalischen und performativen
Österreichischen Gruppierungen eine Gruppe zusammengestellt
- oder gecastet, wie das im Neudeutschen heißt: MATTHIAS KERTAL
und seine KOLLEGiNNEN.
In der heutigen Arbeitswelt
ist das Team das wichtigste. Innovation, auch musikalische, wird
von neugierigen Entdeckern, von begabten Realisatoren, von skeptischen
Profis und von den Weg frei machenden Kämpfern gemacht. MATTHIAS
KERTAL und seine KOLLEGiNNEN ist keine Traumgruppe, aber eine Gruppe,
in der man seine Träume verwirklichen kann.
Applaus für Matthias
Kertal!
[Matthias Kertal kommt
auf die Bühne.]
Matthias, als du mir
gemailt hast, dass das heutige Konzert den Titel "legalize
it!" trägt, war ich schon ein bisschen verstört.
aber dann hast du mir erklärt, dass das eigentlich einen recht
harmlosen grund hat. kannst du die Geschichte noch einmal fürs
Publikum erklären, damit wir nicht missverstanden werden?
Kertal: Ich habe davon
geträumt.
Dann möchte ich
zum Thema Musik noch eine Sache loswerden: die Zukunft ist "online".
das stellt heute keiner mehr in Frage. das hat Vorteile, man muss
aber auch die Augen aufmachen und die Nachteile sehen. denn es ergeben
sich ja auch neue kriminelle Betätigungsfelder. die ganze Musikindustrie
leidet momentan massiv unter einem Problem. der kommunistischen
MP3-Technologie. Nun ist es leider passiert, dass viele Jugendlich
auf die schiefe Bahn geraten sind und sich nichts dabei denken,
wenn Sie Musik aus dem Internet downloaden. Ihnen ist dabei nicht
bewusst, dass der Künstler dabei keinen Cent Geld sieht. wenn
das so weiter geht, wird es bald keine Künstler mehr geben.
Und das führt zur Verrohung unserer Gesellschaft. Deswegen
möchte ich dir als Künstler die Gelegenheit geben hier
vor den jungen Leuten zu erklären, was MP3 für DICH und
deine Existenz bedeutet, während ich das hier zerstöre.
[Kråke zerreißt
ein A4-großes MP3-Schild.]
[Kertal äußerst
sich besorgt über die Verdammung von MP3 durch die Industrie,
daraufhin gibt Kråke Mikunda ihm Recht, entschuldigt sich
das MP3-Schild zerstört zu haben und verspricht sich zu bessern.]
[Das Konzert beginnt
und endet.]
Danke, Matthias Kertal
und KollegInnen! Danke!
Meine lieben Damen und
Herren!
Es gibt jetzt noch eine Zugabe. Ich habe der Band das Versprechen
abgerungen, dass sie für mich eine Kråke-Mikunda-Hymne
schreiben und auch live hier spielen. und zwar werde ich das von
jeder Band verlangen, die hier auftritt. Diese 6 Hymnen oder Stücke
werden dann als Erinnerung an die 6 legendären Abende im b72
auf CD gebrannt. ich bin mir sicher: diese CD wird uns im Wahlkampf
zur Gemeinderatswahl 2006 noch von großem Nutzen sein!
Der Verkaufserlös der CDs kommt übrigens dem Verein zur
Förderung der selektiven Rezeptionsforschung im Sinne futurologischer
Belange zugute. Es ist eine Charity-CD.
Während dieses Lied spielt, haben Sie, wenn Sie wollen, Gelegenheit
sich mit mir ablichten zu lassen. Nennen Sie uns nur ihre e-mail-Adresse,
und wir schicken Ihnen das bild in digitaler form zu.
[Matthias Kertal spielt
das Lied „Lobet Mikunda!“]
Danke, danke! Ich bin
stolz auf euch!!!
Meine Damen und Herren,
damit sind wir fast am Ende des Programms für heute angelangt.
Natürlich gibt es noch bis um 4 in der Früh Musik, Tanz,
Gespräche und Getränke.
Der letzte Programmpunkt ist ein bisschen improvisiert. Sie müssen
wissen, dass es für uns letzte Woche schon ein sehr schwerer
Schlag war, als wir sehen mussten, dass wir nicht zu Nationalratswahl
antreten werden. Wir hatten gerade mal 50 Unterstützungserklärungen
zusammen....MOMENT: Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut!
Jedenfalls fanden wir Trost. wir fanden Trost im Wienerlied. und
diesen Trost wollen wir nun an alle unsere Sympathisanten weitergeben,
für die die Wahl nächsten Monat so oder so eine herbe
Enttäuschung sein wird.
Mein Wahlkampfmanager Kalendar, der auch ein bisschen Keyboard spielen
kann, und ich geben nun für Sie ein altbekannte Wienerlied.
Viel Vergnügen.
[Ein Wienerlied ertönt.]
Wenn das Wahlvolk net
will, nutzt es gar nix,
Schrei net rum, bleib schön stumm, sag es war nix.
So war's immer, so bleibt es für ewige Zeit,
Einmal ob'n, einmal unt, einmal Freud', einmal Leid.
Wenn das Wahlvolk net will, nutzt es gar nix,
Sei net bös, net nervös, denk es war nix.
Renn nur nicht gleich verzweifelt und kopflos herum,
Denn das Wahlvolk weiß immer warum.
Das Leben hat mir eine
Lehre geschenkt,
Es kommt immer anders, als man es sich denkt.
Drum soll man nie sagen, es muß und ich will!
Das Wahlvolk entscheidet, und du halte still.
Ist einmal die andre Partei an der Macht,
Das Volk denkt sehr gern auch mal um über Nacht
Das Ende wird immer von >unten< gemacht.
Wenn das Wahlvolk net
will, nutzt es gar nix,
Schrei net rum, bleib schön stumm, sag es war nix.
So war's immer, so bleibt es für ewige Zeit,
Einmal ob'n, einmal unt, einmal Freud', einmal Leid.
Wenn das Wahlvolk net will, nutzt es gar nix,
Sei net bös, net nervös, denk es war nix.
Renn nur nicht gleich verzweifelt und kopflos herum,
Denn das Wahlvolk weiß immer warum.
[Lied endet, Applaus]
Und jetzt möchte
ich euch schwitzen sehen! DJ "Toni Maroni", leg eine Platte
auf, dass die Wände wackeln!!!
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